Geplatzte Hoffnungen bei Ägyptens Kopten

Militärregierung schützt Christen bisher nicht

  • Lesedauer: 2 Min.
Die koptischen Christen sehen ihre Hoffnungen nach dem Sturz des Mubarak-Regimes in Ägypten enttäuscht.

Berlin (epd/ND). Der Bischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, sagte am Freitag in Berlin, nach der ersten Zuversicht, dass sich durch den Sturz der Regierung die Lage der christlichen Minderheit deutlich verbessern werde, hätten erneute Anschläge auf Klöster der Religionsgemeinschaft ein »neues Gesicht des Militärs« gezeigt.

Damian forderte westliche Regierungen und Kirchen auf, die Kopten in Ägypten in ihrer Forderung nach einer säkularen Grundordnung in der Verfassung stärker zu unterstützen. »Wir hoffen, dass dadurch auch Kopten künftig als Bürger erster Klasse in ihrem Heimatland leben können«, sagte der Bischof. Im Moment sei noch nicht abzusehen, ob Kopten künftig die gleichen Rechte wie Muslime bekommen und seiner Kirche auch staatliche Zuschüsse gewährt werden.

Nach den Worten Damians ist das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen in Ägypten seit den im Januar begonnenen Protesten von »Liebe und Solidarität« geprägt. Trotzdem sei zu befürchten, dass islamistische Kräfte in Ägypten zwar nicht sofort, aber auf lange Sicht größeren Einfluss gewinnen könnten.

Bischof Damian hatte zuvor in Detmold erklärt, die Kopten müssten mit den gemäßigten Muslimen »eine Allianz der Vernunft« bilden. Die hohen Erwartungen der Kopten an die militärische Übergangsregierung seien enttäuscht worden, sagte der Bischof.

Entscheidende Voraussetzung für eine Veränderung ist laut Damian, dass die Religionsfreiheit in der ägyptischen Verfassung verankert wird. Dort sei bislang die Scharia als wichtigste Quelle des Rechts festgeschrieben. Demnach könne ein Muslim einem koptischen Christen etwas antun, ohne dafür juristische Konsequenzen fürchten zu müssen.

Die Kopten hatten in den vergangenen Jahren immer wieder über Diskriminierung in Ägypten geklagt, auch gab es mehrere tödliche Anschläge, zuletzt in der Silvesternacht.

Die koptisch-orthodoxe Kirche existiert seit dem ersten Jahrhundert nach Christus als eigenständige Kirche und ist damit eine der ältesten christlichen Kirchen weltweit. Stammland der Kopten ist Ägypten. In dem arabischen Land sind nach Schätzungen etwa zehn Prozent der rund 80 Millionen Einwohner Kopten.

Unterdessen haben die ägyptischen Sicherheitskräfte Mohammed al-Sawahiri freigelassen, den Bruder von Osama bin Ladens Stellvertreter Eiman al-Sawahiri. Der Freigelassene war einer von 59 politischen Gefangenen, die tags zuvor auf freien Fuß gesetzt wurden, verlautete am Donnerstag aus Justizkreisen in Kairo. Mohammed al-Sawahiri war 1998 in Ägypten wegen Terrorismus in Abwesenheit zum Tode verurteilt worden.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.