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Aufmüpfig
Norbert Lammert / Der 62-jährige Bundestagspräsident ärgert regelmäßig die Kanzlerin
Er hat es schon wieder getan. Bundestagspräsident Norbert Lammert bescheinigt der Bundesregierung mit der schönen wie vernichtenden Umschreibung »Wurstigkeit« eine nachlässige Haltung zu Gesetzen. Das wird freilich seiner Kanzlerin und Parteichefin Angela Merkel wenig gefallen, wiewohl die sich inzwischen daran gewöhnt haben müsste, dass der CDU-Politiker, der seit Oktober 2005 an der Parlamentsspitze sitzt, aus seinem Herzen keine Mördergrube macht, auch gegenüber Parteifreunden wider den Stachel löckt – und sich womöglich gerade deshalb des Respekts in allen Bundestagsfraktionen erfreut.
Die Kritik des CDU-Politikers am schwarz-gelben Kabinett bezieht sich auf das in der Vorwoche von jetzt auf gleich erlassene Moratorium zur einst von der selben Regierung verhängten Laufzeit-Verlängerung von Kernkraftwerken. Der 62-jährige Diplom-Sozialwissenschaftler aus Nordrhein-Westfalen bezweifelt nämlich, dass die eiligst angewiesenen AKW-Abschaltungen ohne Zustimmung des Bundestages stattfinden können und hat rechtliche Prüfung angekündigt. Ironie der Geschichte: Schon beim erst im Herbst 2010 im Bundestag beschlossenen schwarz-gelben Ausstieg aus dem rot-grünen Atomausstieg hatte Lammert Stil und Tempo moniert. Vom Verdacht mangelnder Sorgfalt war da die Rede, »politisch unklug« nannte der Bundestagspräsident die fehlende Einbindung des Bundesrates und bescheinigte den Seinen, »kein Glanzstück der Parlamentsarbeit« vorgelegt zu haben.
Das alles – wie auch seine öffentliche Kritik an des Freiherrn zu Guttenbergs allzu freihändiger wissenschaftlicher Arbeit – nervt Merkel zwar. Doch den Vater von vier Kindern, dessen Dissertation sich mit »Innerparteilicher Willensbildung« beschäftigte, ficht das offenbar nicht an. Erst kürzlich hat er seiner Kanzlerin einen Brief geschrieben und sie im Zusammenhang mit ihrem Agieren in der EU schlechter Informationspolitik und Missachtung verfassungsmäßiger Rechte des Parlament geziehen. Am Wochenende kritisierte er mit Blick auf die Talkshow-Flut im Fersehen, die Abstinenz bei authentischer und den Übereifer bei simulierter politischer Auseinandersetzung. Lammert scheint wild entschlossen, es immer und immer wieder zu tun.
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