- Politik
- Kulturbeitrag
Anspruchsvolle Strandlektüre
Usedomer Literaturtage erkunden das Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien
Literatur hat auf der Insel Usedom eine lange Tradition. Man denke an Fontanes »Kinderjahre« in Swinemünde, die Usedom-Sommerfrischler Thomas Mann und Maxim Gorki oder an Hans Werner Richter, den aus Bansin stammenden Gründer der Gruppe 47. Die Usedomer Literaturtage führen diese Tradition fort, indem sie nun bereits zum dritten Mal Mitglieder der schreibenden Zunft zu Lesungen an verschiedenen Orten der Insel einladen.
Thematisch steht der Gedanke des europäischen Austauschs im Vordergrund. So ist Martin Pollack am 2. April auf Usedom zu Gast, der für seine Verdienste soeben den Leipziger Buchpreis erhielt. Der österreichische Schriftsteller hat sich intensiv mit der Geschichte Galiziens beschäftigt, jener Grenzregion zwischen dem heutigen Polen und der Ukraine.
Das passt zum diesjährigen Schwerpunkt der Usedomer Literaturtage. Auf dem Programm stehen nämlich »Grenzlandgeschichten« – so das Motto – aus dem Dreiländereck zwischen Polen, Tschechien und Deutschland. Einem Gebiet also, das historisch von immer wieder neu gezogenen Grenzlinien geprägt ist. So kann der Besucher den Spuren des deutschböhmisch-jüdischen Schriftstellers Johannes Urzidil folgen, einem Mitglied des Prager Kreises um Franz Kafka und Max Brod. Am 1. April präsentieren Vera Schneider und Klaus Johann ihre Urzidil-Biografie »HinterNational«.
Zwei Autorinnen, die sich mit ihrer eigenen Familiengeschichte auseinandersetzen, sind tags darauf in einer Matinee zu Gast. Die preisgekrönte polnische Schriftstellerin Olga Tokarczuk entführt in »Taghaus, Nachthaus« in die niederschlesische Provinz. Die 25-jährige Sabrina Janesch erzählt in ihrem Debütroman »Katzenberge« von ihrem Großvater, der Galizien verlassen und sich in einem schlesischen Dorf in der Nähe von Wroclaw niederlassen musste. Erstmals wird der Usedomer Literaturpreis verliehen, mit dem fortan Autoren ausgezeichnet werden sollen, die sich den innereuropäischen Dialog auf die Fahnen geschrieben haben. Debüt-Preisträgerinnen sind die tschechische Schriftstellerin Radka Denemarková und ihre Übersetzerin Eva Profousová, die diese Auszeichnung für den Roman »Ein herrlicher Flecken Erde« erhalten. Das Buch bietet einen Schlüssel zum Verständnis der komplexen tschechischen Nachkriegsgeschichte. Es handelt von einer Holocaust-Überlebenden, die nach dem Krieg in ihr tschechisches Heimatdorf zurückkehrt und von dort als Deutschböhmin erneut vertrieben wird.
Hellmut Karasek überreicht den beiden Tschechinnen ihren Preis auf der Abschlussveranstaltung am 3. April. Damit die Tradition der schreibenden Sommerfrischler lebendig bleibt, ist die Auszeichnung mit einem vierwöchigen Aufenthalt in Ahlbeck verbunden.
Details zum Programm der Usedomer Literaturtage unter: www.usedomerliteraturtage.de
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.