Die Partnerschaft bleibt leblos

Barack Obama in Lateinamerika: Worte statt Taten / Absage an faire Zusammenarbeit

  • Gerhard Dilger, Porto Alegre
  • Lesedauer: 3 Min.
Die USA haben nach wie vor keine politische Strategie für Lateinamerika. Das zeigte sich bei Obamas Reise durch Staaten der Region. Statt konkrete Vorschläge für die Zusammenarbeit zu unterbreiten, verlor sich der US-Präsident in Allgemeinplätzen.
Barack Obama entschuldigte sich in Chile nicht für die Unterstützung des Putsches gegen Salvador Allende durch die USA 1973. »Die Geschichte der Beziehungen zwischen Lateinamerika und den USA war manchmal extrem schwierig«, sagte er im Präsidentenpalast von Santiago, »es ist wichtig, unsere Geschichte zu verstehen, aber sie darf keine Falle für uns werden.« Die ausweichende Antwort war typisch für sein Vorgehen auf seiner ersten Lateinamerikareise, die heute in El Salvador zu Ende geht.

Nachdem Obama in den vergangenen zwei Jahren nichts dafür getan hatte, die angekündigte »gleichberechtigte Partnerschaft« mit Leben zu füllen, waren die Erwartungen auf dem Subkontinent bescheiden. Zu Recht: In seinen Reden verharrte er im Allgemeinen. In Rio pries er Brasiliens »blühende Demokratie« als Vorbild für die arabische Welt, doch aus Furcht vor Straßenprotesten fand seine mit Komplimenten gespickte Rede »an das brasilianische Volk« nicht wie geplant im Freien statt, sondern im prunkvollen Stadttheater. Polizeieinheiten hielten Hunderte Demonstranten auf Distanz. In Santiago kamen Wasserwerfer zum Einsatz.

Überschattet war die fünftägige Reise zudem vom Krieg in Libyen. In Brasília hatte der US-Präsident den Einsatzbefehl für die Luftangriffe gegeben. Gastgeberin Dilma Rousseff wollte gerade mit ihrem Kollegen anstoßen, als die Nachricht von der ersten Attacke in die feierliche Runde platzte.

In Brasilien machen die konservativen Medien seit Rousseffs Amtsantritt Stimmung für eine neue Annäherung an die USA und Europa. Doch wie ihr Vorgänger Lula da Silva setzt sich die Präsidentin für eine multipolare Weltordnung und die Erweiterung des UNO-Sicherheitsrates ein. Ebenso wie Indien möchte Brasilien dort ständiges Mitglied werden. Während Obama den indischen Wunsch vor Monaten klar unterstützte, beließ er es in Brasília bei vagem »Wohlwollen«. Rousseffs Berater Marco Aurélio Garcia berichtete, die Präsidentin habe gegenüber Obama ein »emphatisches Plädoyer« für den Frieden und diplomatische Konfliktlösungen gehalten. Vergangene Woche hatte sich Brasilien bei der Abstimmung über die UN-Resolution zur Intervention in Libyen zusammen mit Russland, China, Indien und Deutschland enthalten, am Montag forderte es einen Waffenstillstand.

2010 waren die Beziehungen Brasilien-USA auf einem Tiefpunkt angelangt. Obama hatte Lula grünes Licht für einen Vermittlungsversuch im Atomkonflikt mit Iran gegeben. Doch als Teheran auf die gewünschte Verpflichtung zur Urananreicherung im Ausland einging, machte Washington einen Rückzieher, Lula war blamiert. Demonstrativ blieb er jetzt dem Essen zu Ehren Obamas fern.

Eine politische Strategie für Lateinamerika habe Washington nicht, sagt der Experte Riordan Roett. »Man nimmt sich Zeit für Mexiko und Kuba, und ein bisschen für Venezuela.« So bleibt Lateinamerika die traditionelle Rolle als Markt und Rohstofflieferant. Das neoliberal regierte Chile lobte Obama als »Modell für die Region und die Welt«. »In dem Maß, in dem diese Märkte wachsen, wächst auch ihre Nachfrage für Güter und Dienstleistungen«, schrieb er in »USA Today«. »Als Präsident möchte ich sehen, dass diese Güter und Dienstleistungen in den USA hergestellt werden.«

Im Fall Brasilien bedeutet das: US-Firmen möchten sich an Infrastrukturprojekten für die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Spiele 2016 beteiligen. Außerdem will Washington mittelfristig Erdöl aus den riesigen Vorkommen vor Brasiliens Küste beziehen. Brasilianische Agrar- oder Stahlexporte werden hingegen mit hohen Zöllen vom US-Markt ferngehalten. An Obama richtete Dilma Rousseff die unmissverständliche Botschaft: Eine Allianz – vor allem, wenn sie strategisch sein soll – könne nur gemeinsam und auf Augenhöhe entwickelt werden.

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