Auch Kommunen hoffen auf Schadenersatz
Nach Deutsche-Bank-Urteil wegen Zinswetten
Frankfurt am Main (AFP/ND). Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) gegen die Deutsche Bank hoffen auch betroffene Kommunen auf Schadenersatz. Ein solcher Anspruch »sei nicht auszuschließen«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der »Passauer Neuen Presse«. Ende April treffen sich auch die Stadt Remscheid und die WestLB vor Gericht.
Der BGH hatte am Dienstag dem Sanitärausstatter Ille Schadenersatz in Höhe von 541 000 Euro zugesprochen. Die Deutsche Bank habe dem Unternehmen hoch spekulative Zinswetten – sogenannten Spread Ladder Swaps – verkauft, ohne ausreichend über die Risiken zu informieren, lautete die Begründung des Gerichts. Bei den hochkomplizierten Finanzgeschäften wettet der Kunde gegen die Bank auf die künftige Zinsentwicklung. In den Jahren vor der Finanzkrise hatten sich auch zahlreiche Kommunen auf solche Geschäfte eingelassen. Sie wollten durch eine günstige Zinsentwicklung die Zinslast für ihre Kredite in den Griff bekommen. Viele Kommunen machten damit jedoch hohe Verluste.
Neben Privatbanken verkaufte auch die nordrhein-westfälische Landesbank WestLB die riskanten Produkte an Städte und Gemeinden. Nach Angaben des Rechtsanwalts Jochen Weck, der Ille gegen die Deutsche Bank vertreten hatte, verdiente die mehrfach mit Steuergeld gerettete Landesbank sogar im großen Stil an Zinswetten mit Kommunen: »Die WestLB hat allein im Jahr 2005 mit nordrhein-westfälischen Gemeinden Swap-Verträge im Wert von 4,1 Milliarden Euro abgeschlossen«, sagte Weck der »Rheinischen Post«. Die Bank konnte diese Zahl am Mittwoch zunächst nicht bestätigen.
Am 28. April treffen sich vor dem Landgericht Düsseldorf wegen der riskanten Finanzgeschäfte die Stadt Remscheid und die WestLB, wie der Remscheider Stadtdirektor Burkhard Mast-Weisz der Nachrichtenagentur AFP bestätigte. Die Stadt wirft der Landesbank vor, der Kommune die hochriskanten Anlageprodukte verkauft zu haben, ohne hinreichend auf die realen Risiken hinzuweisen. Remscheid habe dadurch rund 20 Millionen Euro verloren, sagte Mast-Weisz. Das Urteil des BGH gegen die Deutsche Bank stärke nun auch die Position Remscheids: »Es bestätigt uns in der Tatsache, dass das Einreichen der Klage richtig war.« Die WestLB wollte sich dazu nicht äußern.
Mittlerweile sind laut Landsberg die Städte und Gemeinden bei ihren Finanzaktivitäten vorsichtiger geworden. »Eine Kommune ist kein Finanzinvestor. Diese Erkenntnis hat sich durchgesetzt«, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds laut Presse. Die LINKE will derweil nicht nur allein auf Erkenntnis setzen. Die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch forderte am Mittwoch »ein sofortiges Verbot von Wetten mit Steuergeldern«.
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