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Euroland ohne Vision
So schnell kann es gehen: Noch vor wenigen Wochen war der Begriff »Wirtschaftsregierung« eine Parole, mit der Linkskeynesianer ihr Alternativkonzept zu einem Europa des freien Marktes und der Konzerne artikulierten. Eine enge Abstimmung der Wirtschaftspolitik, wachstums- und beschäftigungsorientiert, sollte die Lücke schließen, welche die rein monetaristisch konstruierte Währungsunion gerissen hat. Nun bekommt der Euro-Raum eine Art Wirtschaftsregierung – freilich von Angela Merkel angeschoben und mit neokonservativer Stoßrichtung: Der »Pakt für den Euro« wird dabei nicht nur die Demokratiedefizite erhöhen zugunsten von Nationalregierungen und EU-Kommission, sondern er wird die soziale Spaltung im Euroraum noch vertiefen.
Die Auslöser der Finanzprobleme – deregulierte Finanzmärkte, Vermögensinflation und Steuerdumping – werden mit dem beschlossenen ständigen Krisenmechanismus nicht angegangen. Es geht einzig darum, etwaige Anpassungslasten einseitig den betroffenen Staaten überzuhelfen – und die Gläubiger ebenso auszuklammern wie die vom Euro besonders profitierenden Überschussländer. Natürlich ist ein Schutzschirm richtig und wichtig. Funktionieren kann er aber nur, wenn wirtschaftsschwachen Randstaaten und Regionen im Euroraum eine Perspektive geboten wird. Was nützt eine vorübergehende Schuldenerleichterung, wenn darauf folgende Sparmaßnahmen die Malaise noch verschärfen?
Der EU-Gipfel hat Beschlüsse gefällt bezüglich des Managements künftiger Krisen. Eine echte Vision für das Euroland, die diese verhindern, sucht man vergebens.
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