Reinfeldt gibt Libyen-Einsatzbefehl
Schweden bietet Jagdflugzeuge an
Das Ja des konservativen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt zum Libyen-Einsatz der schwedischen Luftwaffe kam keineswegs überraschend. Im Gegenteil – schon unmittelbar nach dem UN-Sicherheitsratsbeschluss über die Errichtung einer Flugverbotszone über Libyen vernahm man gleichsam ein ungeduldiges Hufescharren kampfeslustiger Schlachtrosse nicht nur aus dem militärfreundlichen Lager der bürgerlichen Parteien, von Industrie und dominierenden Medien. Dieses Mal demonstrieren auch die unter neuer Führung stehenden Sozialdemokraten und die Grünen eine fast rückhaltlose Unterstützung für die Beteiligung Schwedens an der »humanitären« Militärintervention des Westens in Libyens innerstaatlichen Konflikt. Selbst Linksparteiführer Lars Ohly plädierte für ein Eingreifen in den dortigen Bürgerkrieg, was aber sowohl in den Reihen seiner Partei als auch in deren Sympathisantenkreisen Widerspruch provozierte.
Am Dienstag trat Reinfeldt schließlich mit der Erklärung vor die Presse, dass »Schweden jetzt in den Kriegseinsatz« ziehe. Das offizielle Ersuchen der NATO um Bereitstellung entsprechender Luftwaffenkapazitäten für den Libyen-Krieg war bereits in informellen, sogenannten Unter-der-Hand-Absprachen vorbereitet worden.
Die Voraussetzungen für den Einsatz sieht Reinfeldt mit Verweis auf den Sicherheitsratsbeschluss gegeben. Außerdem erwarte man am Freitag im Reichstag eine überzeugende Mehrheit für einen entsprechenden Parlamentsbeschluss. Danach soll Schweden acht JAS-Gripen-Kampfflugzeuge, einen Hercules-Transporter und einen Funkmessaufklärer sowie insgesamt 130 Soldaten stellen. Im Unterschied zu NATO-Staaten wie Frankreich, Großbritannien, den USA, Dänemark und Norwegen, die bisher durch Bombardierung von Gaddafi-Truppen aktiv in das Bürgerkriegsgeschehen eingegriffen haben, will sich Schweden auf die Durchsetzung des Flugverbots über Libyen beschränken. Werden schwedische Flugzeuge dabei angegriffen, sollen sie jedoch das Feuer erwidern können.
Für Schwedens Rüstungsindustrie bedeutet die Krise in Libyen eine außerordentlich willkommene Gelegenheit, sich mit ihren Kampfflugzeugen gegen die internationale Konkurrenz zu profilieren. Das Land steht mit seinen JAS-Gripen in Brasilien und Indien im erbitterten Wettbewerb um die Neuausstattung der Luftstreitkräfte dieser Staaten gegen die Angebote Deutschlands (Eurofighter), Frankreichs (Rafale) und der USA (F-18).
Der Libyen-Einsatz bietet nunmehr die Möglichkeit, das bisherige waffenpsychologische Manko der schwedischen Flugzeugproduzenten – der bisher letzte Einsatz ihrer Flugzeuge unter Kriegsbedingungen datiert aus den Jahren 1961-63 in Kongo (Kinshasa) – zu tilgen. Sie könnten ihr Produkt fortan ebenso wie ihre Konkurrenten mit dem Label »combat proved« – »im Kriegseinsatz erprobt«– versehen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.