Auf steilen Wegen zum Genuss
Kulinarische Wanderung durchs Hinterland von Ligurien
Ein Stück Kaninchenpastete noch oder Panzotti mit Steinpilzen vor dem Wildschweinragout mit Polenta? Danach eine Pannacotta mit Honigkrokant und zum Abschluss ein Gläschen Amaretto. Der pappsüße Mandellikör gehört einfach dazu in Sassello. Genau wie die süßen Amarettini mit ihrem leicht bitteren Geschmack. »Dieses feine Mandelgebäck hat bei uns seinen Ursprung«, sagt Bürgermeister Paolo Badano nicht ohne Stolz. Vor knapp 150 Jahren kreierte ein amerikanischer Einwanderer das Backwerk und legte damit den Grundstein für die Amaretto Backstuben, von denen es noch sechs in Sassello gibt.
Ein Segen für das winzige Städtchen in der Einsamkeit der Berglandschaft, die ein bisschen an Schottland erinnert. Ohne die Großbäckereien hätte wohl die Mehrzahl der Einwohner ihrem Ort längst den Rücken gekehrt und wäre hinunter an die lebhafte Küste gezogen. Weg vom kühlen und im Sommer angenehm frischen Klima des Städtchens, nur einen Steinwurf entfernt vom wild- und pilzreichen Beigua-Naturpark gelegen.
Den Renaissance-Palästen und Villen aus glanzvolleren Zeiten, als die reichen Familien aus Genua zur Sommerfrische in die Berge kamen, drohte schon der Zerfall. In den Barockkirchen blätterten die Stuckarbeiten. Das schmerzte Signore Badano. Er war fest entschlossen, ein Zeichen zu setzen, um auf die Vorzüge seines Heimatstädtchen aufmerksam zu machen: »Wir haben zwar keine Strände, aber wir haben Natur und frische Luft, Wanderwege und echte Ländlichkeit, was bei uns auch Gastfreundschaft und gutes Essen bedeutet«.
Das liegt rund zwölf Jahre zurück. Seitdem weht in zehn Orten des ligurischen Hinterlandes die Flagge in Orange (italienweit in 145 Orten) als Qualitätsmerkmal für die Bergregion, ähnlich der blauen Flagge für die Küsten. Zumindest einmal im Jahr, wenn die Einheimischen ihren Spezialitäten ein besonderes Fest widmen, wird in Sassello die Fahne gehisst und ein orangeroter Teppich in den Gassen des historischen Zentrums ausgerollt.
Festlich geht es manchmal auch in dem hoch über der Küstenstadt Albengo gelegenen Städtchen Toirano zu. Dann nämlich, wenn die Bewohner mit einem Gourmetfest an ihre Jahrhunderte alte Tradition des Ölpressens erinnern. Das Öl mit seinem würzigen Aroma galt lange Zeit als beliebtes Tauschmittel und brachte dem Ort an der ligurischen Wein- und Ölstraße stattliche Gewinne.
Das sommerliche Fest lockt allerdings weit weniger Besucher als die Höhlen, in denen über 12 000 Jahre zurückreichende Spuren belegen, dass Toirano zu den ältesten Ansiedlungen Italiens gehört. Hexen und Heiligen wurden die uralten, unterirdischen Wohnungen gewidmet. Staunend wandelt man vorbei an den kuriosen Tropfsteingebilden in der Santa-Lucia-Grotte und meint, mystische Wesen in den Stalaktiten und Stalagmiten zu erkennen.
Im weiter westlich gelegenen Dorf Troika im Argentinatal geht es dagegen weniger um Heiligenverehrung als um Hexenverfolgung. Zumindest im Heimatmuseum des hochgelegenen Bergdorfes läuft einem beim Anblick der schrecklichen Folterinstrumente ein kalter Schauer über den Rücken. Anheimelnd hingegen und irgendwie fast schon wie ein Bühnenbild wirkt der sonnenbeschienene Dorfplatz in Apricale: verspielte Steinbögen, ein Brunnen, der in der Frührenaissance als Tränke diente, verzierte Loggien, Paläste aus vergangenen Jahrhunderten und ein mächtiges Kastell umrahmen den »Saal« des Sonnendorfs.
Kaum eine Kulisse wäre besser geeignet für das alljährliche Fest des traditionellen Gebäcks von Apricale: In einer riesigen Pfanne werden die Pansarole in heißem Olivenöl frittiert und nach altem Rezept am liebsten mit warmer Zabaione verzehrt – auch hier im Zeichen der orangeroten Flagge.
Auskunft: Italienische Zentrale für Tourismus ENIT, Barckhausstraße 10, 60325 Frankfurt am Main, Tel.: (069) 23 74 34, E-Mail: frankfurt@enit.it, www.enit-italia.de
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