Bis zum definitiven Aus

Das Bündnis gegen Stuttgart 21 demonstriert trotz des Baustopps weiter und pocht auf Einigkeit

  • Barbara Martin, Stuttgart
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Widerstand in Stuttgart ist breit. Wenig überraschend kam es deshalb nach dem Wahlerfolg der Grünen zu Kontroversen über die Zukunft des Protests. Die scheinen erst mal entschieden: Es wird weiter demonstriert.

Montags wird weiter demonstriert, und das aus zehn Gruppen bestehende Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 (S21) bricht nicht auseinander. Darin ist man sich dort weitgehend einig. Zur 70. Montagsdemo vorgestern Abend kamen zwischen 2000 (laut Polizei) und 5000 (laut Veranstaltern) Demonstranten – was diejenigen bestätigte, die den Widerstand fortsetzen wollen. Die aktiven Parkschützer mobilisieren bereits wieder für eine Großdemonstration. Am 16. April soll unter dem Motto »S21 stoppen – Wir nehmen Euch beim Wort« den grün-roten Koalitionsverhandlern Druck gemacht werden, die eine Woche später den Koalitionsvertrag unterzeichnen wollen.

Nach dem Wahlsieg der Grünen und dem von der Bahn verhängten vorläufigen Bau- und Vergabestopp gab es Debatten: Hat die Widerstandsbewegung ihr Ziel erreicht oder ist Misstrauen angesagt und der politische Druck muss aufrechterhalten werden? »Einige meinten, jetzt müsse die Regierungsarbeit der Grünen es richten. Dagegen stehen die Gruppen, die sagen: weiter protestieren«, erklärt Werner Sauerborn, der im Bündnis die »Gewerkschafter gegen S21« vertritt. Die Erklärung von Gangolf Stocker, die Montagsdemos könnten jetzt eingestellt werden, weil die Beteiligung sinken werde, hat das Bündnis zurückgewiesen. »Die Montagsdemos sind das Rückgrat der Bewegung«, so Sauerborn.

Stocker gehört zu den Begründern des Protests gegen S21, sitzt für die von ihm initiierte Liste »Stuttgart Ökologisch Sozial« im Gemeinderat und gilt als ein Typ, »der sehr auf sein eigenes Ding fixiert ist«, wie Sauerborn es ausdrückt. In der Wahlnacht hatte Stocker seinen Posten als Sprecher des Bündnisses niedergelegt. Zu viel Streit im Bündnis, befand er. Das der auch von ihm ausging, ist in der Bewegung kein Geheimnis.

Diesen in regionalen Medien ausgetragenen Zwist will man im Bündnis nicht aufbauschen. »Wir fahren unseren Kurs geschlossen weiter«, bekräftigt Jürgen Merks vom Regionalverband Stuttgart des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). »Montagsdemos organisieren, Infomaterial herausbringen, den Koalitionsverhandlern, bei denen schließlich auch die SPD als S21-Befürworterin dabei ist, auf die Finger schauen. Wir warten auf das definitive Aus für Stuttgart 21, so lange sind wir aktiv.« Zwar stimmten die aktuellen Zeichen hoffnungsvoll: Der vorläufige Bau- und Vergabestopp, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der plötzlich meint, die Neubaustrecke nach Ulm könne auch ohne die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofes gebaut werden. »Aber wir wissen ja nicht, was noch so alles im Hintergrund läuft«, sagt Merks.

Eine Frage, die am gestrigen Abend auf der turnusmäßigen Bündnissitzung besprochen werden sollte, ist die weitere Teilnahme der Grünen, die ja nun nicht mehr Opposition, sondern Teil der Regierung sind. Der Stuttgarter Kreisverband ist seit Beginn dabei und will auch im Bündnis bleiben, sagt Jochen Stopper, Stuttgarter Grünen-Stadtrat. Jedenfalls zunächst, schließlich wisse man nicht, wie sich die Dinge entwickeln. Stopper verweist auf den Koalitionspartner: »Der SPD muss man weiter deutlich machen, dass sie ihre Haltung überdenken muss und dafür ist ein starkes Aktionsbündnis mit den Grünen wichtig.«

Wie es mit den vielen tausend Aktiven des Widerstands weitergeht, wenn S21 endgültig gekippt ist, darüber wird im Bündnis noch nicht diskutiert. Merks vom BUND meint lachend: »Ich weiß, dass einige nicht daran denken möchten, dass sie irgendwann ihren Montagabend selbst organisieren müssen.« Aber man solle »das Fell des Bären nicht verteilen, bevor er erlegt ist«, so Merks.

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