Verbündete rücken von Saleh ab
Anhaltende Demonstrationen verschlechtern die Position des jemenitischen Präsidenten
Dies geschah nur einen Tag nachdem Sicherheitskräfte in Taiz bei Massenprotesten gegen das Regime mindestens 15 Menschen getötet hatten. Auch diesmal rückten Hundertschaften der Polizei gegen die Demonstranten vor, die zum Platz der Befreiung marschierten. Sicherheitskräfte in Zivil seien gewaltsam gegen die Menschenmenge vorgegangen.
In der Hauptstadt Sanaa, wo seit zwei Monaten zunehmend mehr Menschen den Rücktritt des Präsidenten fordern, kam es am Montag zu bedrohlichen Szenen, als Unterstützer von Präsident Ali Abdullah Saleh zu Fuß und mit Autos das Hauptquartier von General Ali Mohsen belagerten, der sich vor einer Woche den Demonstranten angeschlossen hatte.
Die herrschende Partei von Präsident Saleh konnte am vergangenen Freitag rund 250 000 Menschen mobilisieren, die unter der Parole »Das Volk will Ali Abdullah Saleh« zum Sabaeen-Platz in Sanaa marschierte. Gerüchten zufolge sollen die Leute für ihre Teilnahme allerdings Geld erhalten, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters. Nach Angaben von Amnesty International sollen seit Beginn der Proteste im Februar 95 Menschen getötet worden sein. Großbritannien hat seine Staatsbürger in Jemen inzwischen aufgefordert, »angesichts der rapiden Verschlechterung der Sicherheit in Jemen« das Land umgehend zu verlassen, »solange die Fluglinien noch Flüge anbieten«.
Auch andere Staaten gehen auf Distanz zu Sanaa. Die »New York Times« berichtete am Wochenende, dass die US-Administration allmählich von Saleh abrückt und mit ihren Verbündeten darüber berät, wie sein Rücktritt erreicht werden könne. Der Golfkooperationsrat (Bahrain, Katar, Vereinigte Arabische Emirate, Kuwait, Saudi-Arabien, Oman) hat derweil die Regierung von Saleh wie auch Vertreter der jemenitischen Opposition zu einem Treffen in die saudi-arabische Hauptstadt Riad eingeladen. Dabei soll es offenbar auch um Wege zu einem Abgang Salehs gehen, bei dem er sein Gesicht wahren kann. Sowohl der jemenitische Außenminister Kirbi als auch General Mohsen begrüßten die Initiative »der Brüder« des Golfkooperationsrates. Vertreter der Oppositionsgruppen erklärten, sie würden nur nach Riad kommen, wenn klar sei, worüber gesprochen werden solle.
UNICEF weist derweil auf die Gefahren für Kinder hin. Mindestens 19 Kinder seien allein im März bei den Unruhen getötet worden, heißt es in einem Bericht der Kinderhilfsorganisation. Jugendliche würden »zunehmend aggressiv« und wollten sich den Kämpfen anschließen. Lehrer berichteten, dass sich Kinder politische Parolen auf die Arme geschrieben hätten. Die Auseinandersetzungen brächten es auch mit sich, dass Schulwege von Kindern immer öfter Schauplätze von Straßenkämpfen zwischen Demonstranten und staatlichen Sicherheitskräften würden.
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