Banken sollen in Zukunft kurz und knapp über Risiken und Chancen informieren

Beipackzettel für Finanzprodukte

  • Lesedauer: 4 Min.

»Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen ...«

Was bei Medikamenten schon seit langem üblich ist, soll ab Sommer auch bei der Anlageberatung gelten: Zu jedem Finanzprodukt soll es dann einen Beipackzettel geben.

Eigentlich sollte es freiwillig gehen: Bereits im Sommer 2009 hatte das Bundesverbraucherministerium einen Musterbeipackzettel vorgestellt, um die Qualität der Finanzberatung zu verbessern. »Jeder Bankkunde muss auf einen Blick erkennen können, welche Chancen und Risiken in einer Geldanlage stecken«, forderte Ministerin Ilse Aigner.

Selbst noch ein Jahr später gab sich die Ministerin optimistisch, dass die Kreditwirtschaft sich selbst regulieren würde. Doch Sparkassen, Volksbanken und private Banken konnten oder wollten sich nicht auf gemeinsame Standards für den Beipackzettel einigen.

Erst ein Gesetz schafft übersichtliche Information

Schließlich geht es um viel. Zugegeben, es ist aufregender, ein neues Auto oder ein Handy zu kaufen, als sich mit Finanzprodukten auseinanderzusetzen. Doch mit der richtigen Anlage kann man bei weitem mehr Geld sparen als bei einem ausgeklügelten Handyvertrag. Zudem kann eine Geldanlage für die nächsten 30 Jahre oder noch länger zählen. »Nach dieser Zeit«, scherzt Frau Aigner, »liegt das Durchschnittsauto längst auf dem Schrottplatz.«

Im Herbst 2010 wurde dann in der schwarz-gelben Regierung die Reißleine gezogen. Freiwillig hatte sich in der Geldbranche wenig getan. Nun musste doch ein Gesetz her, wie es linke Experten und Verbraucherschützer von Anfang an gefordert hatten.

Das Kabinett beschloss, dass Banken ihren Kunden künftig so genannte Produktinformationsblätter mitgeben müssen, in denen die wichtigsten Informationen kurz und knapp drin stehen. Mit diesem Beipackzettel sollen die Verbraucher einzelne Angebote besser vergleichen können.

Verbraucherzentrale für schärfere Regeln

Die Informationsblätter sollen über die Risiken von Geldanlagen aufklären und die Kosten offen legen. Heikel: Dazu zählen auch die (hohen) Provisionen, die Bankberater für die Vermittlung erhalten. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und die Vergleichbarkeit der Beipackzettel soll von der Finanzaufsicht Bafin überprüft werden.

Weitergehende Gesetzentwürfe und Anträge der Opposition lehnte die Koalition aus CDU/CSU und FDP ab. Mitte März winkte auch der Bundesrat das neue Gesetz durch, das nun am 1. Juli in Kraft treten wird.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband kritisiert die neuen Bestimmungen als »zu lasch«. Schärfere Regeln, die in einem ursprünglichen Entwurf des Bundesfinanzministeriums enthalten waren, seien herausgenommen worden. Zwar seien die neuen Produktinformationsblätter besser als nichts, aber für sie gebe es zu wenige genaue Vorgaben, bemängelte eine Sprecherin. In der Praxis dürften die Unschärfen des Gesetzes bald die Gerichte beschäftigen.

Mittlerweile haben sich auch die Banken und Sparkassen auf gemeinsame Standards verständigt. Die Verbraucherzentrale Niedersachsen gibt sich optimistisch. Verbraucher werden geeignete Produkte »leichter erkennen und auch besser miteinander vergleichen können«.

Was muss der Beipackzettel enthalten?

Anders als in Medikamentenpackungen soll der Beipackzettel der Banken kurz und knapp bleiben. Das »Produktinformationsblatt« darf laut Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz grundsätzlich nicht mehr als zwei DIN-A4-Seiten umfassen, in Ausnahmefällen, etwa bei komplizierten Termingeschäften, nicht mehr als drei Seiten. Enthalten muss der Beipackzettel

  • die Art des Anlageprodukts,
  • seine Funktionsweise,
  • die damit verbundenen Risiken,
  • die Aussichten für die Kapitalrückzahlung und Erträge unter verschiedenen Marktbedingungen,
  • die mit der Anlage verbundenen Kosten.

Ministerium und Aufsicht können weitere Details auf dem Verordnungswege regeln.

Vier Tipps

Verbraucherschützer geben folgende Tipps zum richtigen Umgang mit dem Beipackzettel:

1. Scheuen Sie sich nie, das unterbreitete Vertragsangebot Ihrer Bank, Sparkasse, Versicherung oder eines anderen Finanzdienstleistungsunternehmens genau zu überprüfen und zu hinterfragen.

2. Unterschreiben Sie nichts, was Sie nicht zuvor genau durchgelesen und verstanden haben.

3. Selbst die seit 2010 bei jeder Anlageberatung zu Wertpapieren gesetzlich vorgeschriebenen Beratungsprotokolle sollten nie vom Verbraucher (!) unterschrieben werden, da einzelne Anbieter versuchen, hiermit ihr eigenes Haftungsrisiko zu minimieren.

4. Betrachten Sie die neuen Produktinformationsblätter nur als zusätzliche Informationsquelle. Sie können nie die persönliche Beratung ersetzen und sind nur als Ergänzung zu anderen Informationsquellen zu verstehen.

Jeder seriöse Anbieter wird Verständnis dafür aufbringen, wenn Sie sich nach erfolgter Beratung und vor einem möglichen Vertragsabschluss neben dem Beratungsprotokoll und dem neuen Produktinformationsblatt auch die vollständigen (!) Angebotsunterlagen aushändigen lassen.

Nur so können Sie das Vertragsangebot in Ruhe überprüfen, möglicherweise noch weitere Vergleichsangebote einholen oder sich neutralen Rat von anderen holen.

Um »Risiken und Nebenwirkungen« beim Thema Geldanlage und private Altersvorsorge so gering wie möglich zu halten, können Sie eine Verbraucherzentrale aufsuchen, um sich anbieterunabhängig beraten zu lassen.

HERMANNUS PFEIFFER

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