Handelsbeziehungen im Fokus

Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff ist auf Staatsbesuch in China

  • Andreas Knobloch
  • Lesedauer: 3 Min.
Seit Dienstag ist Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff auf Staatsbesuch in China. Dabei wurden mehr als fünfzehn Abkommen in den Bereichen Verteidigung, Landwirtschaft, Energie und Bildung unterzeichnet.

Der fünftägige China-Besuch ist Rousseffs erste große Auslandsreise. Begleitet wird sie von fünf Ministern und 309 Managern. Im Mittelpunkt steht die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Ziel ist es, die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner und gleichzeitig größten Konkurrenten beim Absatz von Waren in Lateinamerika zu stärken. Nach bilateralen Treffen nimmt Rousseff am Donnerstag in Sanya am Gipfel der BRICS-Staaten, der größten Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, teil.

Kaum war Rousseff in Peking gelandet, wurde die erste Einigung verkündet. Brasilien wird künftig Schweinefleisch nach China verkaufen, das bisher strengen Einfuhrbeschränkungen unterlag. Brasilien als einer der größten Schweinefleischproduzenten der Welt hatte seit Längerem auf Zugang zum chinesischen Markt gepocht. China ist der weltweit größte Konsument von Schweinefleisch. Das chinesische Telekommunikationsunternehmen Huawei kündigte seinerseits Investitionen von 300 Millionen US-Dollar in ein Forschungs- und Technologiezentrum in Campinas im Bundesstaat São Paulo an.

Noch wichtiger dürfte die am Dienstag bekannt gewordene Aufhebung der Produktionssperre für den Bau von Legacy-Jets des brasilianischen Flugzeugbauers Embraer sein. Dessen seit 2002 betriebene chinesische Fabrik entgeht damit der Schließung. Zudem erteilte Peking grünes Licht für den Kauf von mindestens zehn Embraer 190-Verkehrsflugzeugen. Zuletzt hatte es Bedenken auf chinesischer Seite wegen der Kosten gegeben. Der Erhalt dieser Fabrik galt als eines der wichtigsten Ziele der Reise.

China ist in den vergangenen Jahren zu Brasiliens bedeutendstem Handelspartner aufgestiegen. Das Handelsvolumen betrug im vergangenen Jahr 56 Milliarden US-Dollar. Das bedeutet einen Anstieg von 52,7 Prozent gegenüber 2009. Zudem war China 2010 der größte Investor in Brasilien mit einem Investitionsvolumen von mehr als 30 Milliarden US-Dollar. Für Chinas Wirtschaft ist Brasilien in erster Linie Rohstoffquelle – Öl, Eisenerz und Sojabohnen machen 80 Prozent der chinesischen Importe aus. Brasilien aber ist an einem Wandel der gegenseitigen Geschäftsbeziehungen und einer ausgeglicheneren Handelsbilanz interessiert. Während Brasilien vor allem Primargüter exportiert, »überschwemmt« China das südamerikanische Land mit Fertigprodukten und schottet den eigenen Markt ab. Ein Problem für Brasilien ist dabei seine starke Währung. Der Real hat in 2010 4,6 Prozent gegenüber dem US-Dollar gewonnen; 2009 waren es gar 32,7 Prozent. Zudem ist die chinesische Währung unterbewertet. Diese Kombination macht brasilianische Exporte teurer.

Die brasilianische Wirtschaft erwartet keinen unmittelbaren Wandel in der chinesischen Handelspolitik, hofft aber auf eine Öffnung des chinesischen Marktes für brasilianische Agrarprodukte und chinesische Investitionen in Infrastrukturprojekte. Denn Brasiliens Aufstieg zur Wirtschaftsmacht hängt nicht zuletzt am Ausbau seiner schwachen Infrastruktur: Häfen, Straßen, Flughäfen. Derzeit wird in Açu im Bundesstaat Rio de Janeiro mit chinesischen Investitionen der größte Industriehafenkomplex der Welt errichtet. Chinesische Firmen sollen auch an einer Kooperation beim von Indigenen- und Umwelt-NGOs kräftig bekämpften Wasserkraftwerk Belo Monte interessiert sein. Zudem investieren chinesische Energiekonzerne kräftig in Brasiliens Offshore-Öl-Vorkommen.

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