Brandenburg kann auch anders

Land ist Spitze bei erneuerbarer Energie / Für sich selbst würde es Kohle 2020 nicht mehr brauchen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.
Das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde gilt als Klimakiller Nummer eins in der Bundesrepublik. Aber Brandenburg kann auch anders. Hier werden neue Ideen entwickelt und angewendet. Hersteller wie First Solar in Frankfurt (Oder) und Vestas in Lauchhammer produzieren Solarzellen beziehungsweise Windräder. Das Bundesland nimmt bei den erneuerbaren Energien die Spitzenposition ein. 2008 und 2010 erhielt es dafür die bislang nur in diesen beiden Jahren vergebene Auszeichnung »Leitstern«.

Auf einem alten Truppenübungsplatz in der Lieberose Heide befindet sich der zweitgrößte Solarpark der Welt. Mit Biogas und Wind leben die Bewohner des Dorfes Feldheim energieautark. Die Bibliothek der Technischen Universität Cottbus verbraucht äußerst wenig Energie. Diese Projekte präsentierten sich am Dienstag im Rahmen der Woche der erneuerbaren Energien bei der EU in Brüssel. Umweltministerin Anita Tack (LINKE) reiste mit. »Der forcierte Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien ist ohne Alternative«, erklärte sie. Es sei fünf Minuten nach Zwölf und höchste Zeit für eine Wende in Deutschland, Europa und auf der ganzen Welt. Einen fairen Wettbewerb der Energieträger werde es erst geben, wenn die Erzeuger allein das Risiko tragen müssen und wenn ihnen alle ökologischen Folgekosten angelastet werden. Atomstrom beispielsweise wäre dann gar nicht mehr bezahlbar, glaubt Tack. Eine zukunftssichere Politik müsse möglichst schnell auf Kernenergie und mittelfristig auch auf Kohle und Öl verzichten.

Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (LINKE) lobte, durch eine zielgerichtete Politik sei es gelungen, Investoren und Wissenschaftler zu überzeugen, ihre Vorhaben gerade in Brandenburg zu verwirklichen. 12 000 Jobs in der Ökoenergiebranche sind entstanden.

In Schwedt errichtet die Enertrag AG ein wegweisendes Hybridkraftwerk. Dabei kooperiert das Unternehmen ausgerechnet mit dem Energiekonzern Vattenfall, der das Kohlekraftwerk Jänschwalde betreibt. Vattenfall möchte in der Lausitz neue Tagebaue aufschließen und in Ostbrandenburg Kohlendioxid verpressen. Doch der Konzern kann auch anders – theoretisch sowieso und manchmal sogar praktisch.

Prognosen zufolge könnte das Land Brandenburg seinen eigenen Bedarf bereits im Jahr 2020 vollständig aus erneuerbaren Energien decken. Schon jetzt liegt der Anteil rechnerisch bei knapp 60 Prozent. Allerdings exportiert Brandenburg massenhaft Strom. So kommt es, dass der tatsächliche Anteil der Erneuerbaren an der hier erzeugten Energie nur rund 16 Prozent beträgt. Bis 2020 soll der Wert auf mindestens 20 Prozent steigen, hat sich die rot-rote Koalition vorgenommen. Bis dahin soll der CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent gesenkt werden. Ökoenergieanlagen mit einer elektrischen Gesamtleistung von 5300 Megawatt waren Ende 2010 am Netz. 80 Prozent entfielen auf 2950 Windräder. Den Rest teilten sich Biomasse, Biogas und Photovoltaik.

Die ambitionierte Klimaschutzpolitik Brandenburgs habe auf der europäischen Bühne Aufmerksamkeit erregt, meint Tack. Das deutsche Prinzip, erneuerbare Energien vorrangig ins Netz einzuspeisen, müsse weiter gelten, legte sie EU-Kommissar Günter Oettinger nahe. Tack warnte davor, dieses Prinzip zu verbieten. Dabei weiß sie vom Widerstand auch gegen erneuerbare Energien. Fast 30 Bürgerinitiativen kämpfen in Brandenburg gegen Windräder vor der eigenen Nase.

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