Strategie der Eskalation

Standpunkt von Olaf Standke

  • Lesedauer: 2 Min.

Am liebsten, so der Eindruck gestern, wäre es der NATO wohl, Gaddafis jüngster Sohn lebte noch. Der britische Premierminister David Cameron machte deutlich, warum: Er verknüpfte seine Zweifel am Tod des 29-Jährigen und dreier Enkel Gaddafis mit der Rechtfertigung der NATO-Luftangriffe durch das nach wie vor beanspruchte Ziel, in Libyen Zivilisten vor dem Tod zu retten. Tote Kinder sind da offensichtlich billigend in Kauf genommene »Kollateralschäden«, wenn man auf den Despoten selbst zielt.

Denn so interpretiert nicht nur Moskau das jüngste Vorgehen des Nordatlantik-Paktes und verlangt Antworten beim nächsten gemeinsamen Treffen des NATO-Russland-Rates. Schließlich hatte man sich im Weltsicherheitsrat ein Veto gegen die Libyen-Resolution verkniffen. Was also ist wirklich durch das verschwommene UNO-Mandat abgedeckt? Was immer man Gaddafi zu Recht zur Last legen muss, die völkerrechtliche Grundlage für Tyrannenmord bietet es nicht. Und wohin soll dieser Luftkrieg gegen Gaddafis Paläste eigentlich führen? Wenn alle Angebote zur Waffenruhe und für Verhandlungen, die aus Tripolis kommen, in Brüssel wie Bengasi per se abgeschmettert werden, bliebe ja nur eine militärische Eskalation samt Enthauptungsschlag, um den Konflikt im Sinne der NATO zu lösen. Wenn das die Strategie der Allianz nach über einem Monat Krieg in Libyen ist, sind noch viel mehr zivile Opfer zu befürchten.

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