Neuer Versuch für besseres Gesundheitssystem

Rund 30 Millionen Versicherte können ab sofort ihre Ärzte im Internet bewerten

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.
Gestern stellten die beiden großen gesetzlichen Krankenkassen AOK und Barmer GEK ein neues Arztbewertungsportal ins Netz. Hier gibt es zwar keine Schulnoten, keine Rangfolge, keine freien Textfelder und damit keinen Platz für Beschimpfungen. Aber es lassen sich Ärzte finden, die von andere Patienten empfohlen werden.

Das neue Portal steht allen Patienten zu Informationszwecken zur Verfügung – zum Beispiel unter arzt.weisse-liste.de. Es sei eine »verlässliche Orientierungshilfe für die Patienten, nicht-kommerziell, werbefrei und kostenlos«, erklärt Jens Kaffenberger vom Sozialverband VdK Deutschland e.V.

An der Bewertung der niedergelassenen Mediziner können sich vorerst nur die rund 30 Millionen Versicherten der AOK und der Barmer GEK beteiligen, wenn sie sich mit Kassen- und Versichertennummer registriert haben. Für die Anonymität gegenüber den Kassen, die das Portal mit betreiben, bürgt das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein. Rolf-Ulrich Schlenker vom Barmer GEK-Vorstand freut sich bereits über Anfragen anderer Versicherer, die ihre Kunden ab 2012 ebenfalls an der Bewertung beteiligen wollen.

Noch ist die Arztsuche nur mit den Einschätzungen aus der Testphase in Berlin, Hamburg und Thüringen versehen. Dafür füllten 45 000 Versicherte Fragebögen aus. Einschätzungen zu vier Bereichen werden einbezogen: Praxis und Personal, Arztkommunikation, Behandlung und Gesamteindruck. Wie schnell erhält man normalerweise einen Termin, wie lange muss vor der Behandlung gewartet werden, hört der Arzt gut zu und erklärt verständlich? Insgesamt 33 Fragen sind zu beantworten. Nicht erfasst wird die Qualität der medizinischen Ergebnisse. Wenn für einen Mediziner zehn Bewertungen vorliegen, werden die Ergebnisse veröffentlicht, auch die absolute Zahl der abgegebenen Stimmen kann eingesehen werden.

Bei der Arztsuche wird nach Postleitzahl und Fachgebiet eine Liste erstellt. Die Ergebnisse werden nach Entfernung vom Wohnort angezeigt. Interessenten können die Ärzte auch noch untereinander vergleichen. Ausgenommen sind nur die niedergelassenen Fachärzte ohne direkten Patientenkontakt wie Pharmakologen und Pathologen. An der Aufnahme der Zahnärzte und Psychotherapeuten in die Listen wird noch gearbeitet.

Die Vertreter der beteiligten Kassen weisen mehrfach auf die Vorteile des Systems für die Ärzte selbst hin. Diese könnten die Ergebnisse in ihr internes Qualitätsmanagement einbeziehen, zu dem sie gesetzlich verpflichtet sind, und etwa ihre Praxisorganisation auf der Grundlage der Rückmeldungen verbessern. Außerdem können sie die Bewertungen kommentieren und über Schwerpunkte ihrer Praxen oder Sprechzeiten informieren. Zur Not dürfen sie ihre Ergebnisse sogar sperren lassen oder sich über die Stiftung Gesundheit ganz aus der Liste herausnehmen lassen.

Über die Weiße Liste, ein Projekt der Bertelsmann-Stiftung und der Dachverbände der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen, konnten bisher bereits Krankenhäuser und Pflegeheime gesucht werden. Die Bertelsmann-Stiftung investierte für die Arztsuche bisher 800 000 Euro und beschäftigt für deren Verwaltung sieben Mitarbeiter, so Stiftungsvorstand Brigitte Mohn.

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