Total sozial

Jürgen Borchert - der Sozialrichter hat den Regine-Hildebrandt-Preis erhalten

  • Lesedauer: 2 Min.

Jürgen Borchert gilt manchen als »Sozialrebell«, schließlich sitzt er auch im wissenschaftlichen Beirat von Attac und ist Gründungsmitglied des Instituts Solidarische Moderne. Nun hat er neben dem Theologen Christian Führer sogar den Regine-Hildebrand-Preis für Solidarität erhalten. Denn es war der 6. Senat des hessischen Landessozialgerichts mit ihm als Vorsitzendem Richter, der das Bundesverfassungsgericht wegen verfassungsrechtlicher Bedenken an den Hartz-IV-Regelsätzen anrief – und Erfolg hatte.

Besonders am Herzen aber liegen Borchert die Familien. Richtige Familien. Die werden nämlich allesamt ausgebeutet, meint der Sozialrichter. In der »Zeit« beschrieb er einmal, wie mit der Industrialisierung das »Wuchern der Sozialversicherung« einherging und zu dem heutigen schlimmen Zustand führte: einer »Asymmetrie zwischen der privaten Last des Kinderaufziehens und dem sozialisierten Nutzen des daraus hervorgegangenen Erwachsenen«. Schuld daran sei nicht zuletzt die Rentenreform von 1957: »Während kinderlose Rentner über Nacht plötzlich lebensstandardsichernde Renten von den Kindern anderer Leute erhielten, wurden die Mütter dieser Kinder durch das neue Recht um ihre originär und genuin erworbenen Unterhaltsansprüche geprellt.«

Das Heidelberger Büro für Familienfragen, das Borchert mit gründete, fordert ein Erziehungsgehalt – so etwas wie eine üppige Herdprämie. Es gehört wie das erzkonservative Familiennetzwerk, das Borchert unterstützt, zu den Kreisen, die Kinderkrippen zu den Geiseln der Menschheit zählen. Nur konsequent fordert es »die politische und gesellschaftliche Anerkennung der Frau in ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter«.

Borchert selbst bezeichnete im Zusammenhang mit der Diskussion um die Vätermonate beim Elterngeld einen frühen »Beziehungswechsel« von der Mutter zum Vater als »von schlimmstem Einfluss auf das Kind«. Um Missverständnissen vorzubeugen: Gegen das Prinzip, wer mehr hat, bekommt auch mehr, hatte der soziale Sozialrichter nichts einzuwenden. Er hoffte: »Das Elterngeld ist sicher eine hochwirksame Maßnahme, die uns mehr Kinder aus gebildeten Familien bringen wird.« Regina Stötzel

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.