Zweitklassig – auf Platz und Rängen
Bei der 0:2-Niederlage gegen den 1. FC Köln bieten Frankfurts Spieler und Fans Erschreckendes
Nach dem Spielende entlud sich der Frust. Die Frankfurter Anhänger hatten in der Schlussphase völlig konsterniert geschwiegen, doch kaum war der Schlusspfiff verhallt, stürmten etwa 200 Fans aus der Kurve auf den Platz – akustisch untermalt von zahlreichen Kanonenschlägen. Die wenigen Ordner hatten keine andere Wahl, als die Tore zu öffnen, um Verletzungen zu verhindern. Die Kölner Spieler, die sich vor der gegenüberliegenden Fankurve gerade noch hatten feiern lassen, rannten in die Katakomben. Christian Eichner fand eine Stunde später passende Worte: »Wenn es so weit ist, dass man als unbeteiligter Spieler vom Feld fliehen muss, kann ich nur sagen: Gute Nacht!«
Kurz darauf trieb die Polizei die angeblichen Fans in ihre Kurve zurück. Dass niemand verletzt wurde, ist besonders dem Frankfurter Präsidenten Peter Fischer zu verdanken, der sich zunächst in den Fanblock traute, um die Zuschauer zu beruhigen. Danach sorgte er auch dafür, dass sich die Polizei zurückzog. »Wir wollten deeskalierend wirken«, sagte Trainer Christoph Daum, der Minuten später mit der Mannschaft auf die Fans zuging und der Situation die Schärfe nahm.
Eigentlich wollte die Frankfurter Eintracht nichts dem Zufall überlassen – schon gar nicht die Klärung der grundsätzlichsten Fragen. Im Trainingslager, zwei Tage vor Anpfiff des vorentscheidenden Abstiegsduells gegen den 1. FC Köln, hatte Coach Christoph Daum Fragen auf Zetteln verteilen lassen, über deren Beantwortung die Spieler nachdenken sollten. »Was bedeutet mir diese Mannschaft eigentlich?«, stand darauf oder: »Wie können wir Köln schlagen?«
Auf dem Platz gaben die Spieler dann aber doch so unbefriedigende Antworten, dass die Fans schon nach einer Viertelstunde die Geduld verloren. Nach 35 Minuten – gerade war der x-te lange Ball in den Armen von Kölns Torwart Michael Rensing gelandet – erschallten erstmals Pfiffe von der Tribüne. Und zur Halbzeit lieferte der Kölner Fanblock die beste Zusammenfassung der Frankfurter Leistung: »So spielt ein Absteiger.« Den Song sollte nach Schlusspfiff auch mancher Eintracht-Fan anstimmen, Galgenhumor war schwer en vogue im Hessischen.
Völlig ideenlos hatte der Gastgeber zuvor agiert und sein Publikum mit Ballgeschiebe und langen Flanken ins Nichts gequält. Was die Frankfurter Mannschaft über 90 Minuten bot, war dermaßen kläglich, dass auch die größten Optimisten sich nicht vorstellen können, wie diese leblose Mannschaft in Dortmund gewinnen will.
Das Dumme an dieser Erkenntnis: Alles andere als ein Sieg am Samstag nützt der Eintracht nichts mehr. »Ich bin ein Mensch, der nie aufgibt«, sagte Ioannis Amanatidis, »aber so wie wir spielen, wird es natürlich nichts.« Auch defensiv stimmte nicht viel, wenn die Kölner sich mal in den Frankfurter Strafraum trauten. Das Tor von Adil Chihi fiel nach einem Patzer von Marco Russ und einem schlimmen Stellungsfehler der Innenverteidigung (24.). Als Lukas Podolski in der Nachspielzeit per Elfmeter auf 0:2 erhöhte, hatte die Eintracht gerade einmal eine einzige Torchance zustande gebracht.
Dass Schiedsrichter Felix Brych ein Frankfurter Tor zu Unrecht wegen Abseits aberkannte, wollte später niemand als Entschuldigung gelten lassen. Unter »Retter« Christoph Daum holte Frankfurt in sechs Spielen drei Punkte. In der Rückrundentabelle ist die Eintracht mit acht Punkten aus 16 Spielen Letzter. Daum selbst gestand seine Ratlosigkeit: »Ich halte mich mit Durchhalteparolen und Phrasen über Wasser.«
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