Krankenkassen geben nach

Versicherungen berieten über Aufnahme der City-BKK-Kunden / Bahr fordert Gesetzestreue

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Insolvenz der City BKK sorgte für Verunsicherung unter allen Kassenpatienten. Die Versicherungen reagierten mit einem Krisengespräch. Der neue Gesundheitsminister Daniel Bahr versucht mit einem schwammigen Ultimatum Handlungsfähigkeit zu demonstrieren.

Seit Anfang Mai ist bekannt, dass die City BKK zum 1. Juli wegen chronischer Finanzprobleme und Mitgliederschwund schließen muss. Damit sind 168 000 Versicherte vor allem in Berlin, Hamburg und Stuttgart auf der Suche nach einer neue Krankenkasse und stoßen dabei auf unerwartete Komplikationen. So wurden viele von den Geschäftsstellen der Konkurrenz abgewimmelt.

Daher lud gestern der Bundesverband Betriebskrankenkassen (BKK) zu einem Krisentreffen, zu dem rund 30 Teilnehmer von 20 Kassen vorwiegend aus Berlin und Hamburg kamen. Eigentlich dürfte eine solche Veranstaltung nicht notwendig sein. Denn nach Gesetzeslage ist auch im Fall der Pleite einer Krankenversicherung alles geregelt. Danach sollte es keinen Anlass geben, Versicherten »den Weg zu einer anderen Kasse zu ebnen«. Das Wahlrecht haben nicht die gesetzlichen Kassen, sondern die Versicherten. Im Gegensatz dazu hatten die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und die Hanseatische Ersatzkasse (HEK) vorgeschlagen, die Versicherten nach einem speziellen Quotenschlüssel zu verteilen. Unzulässig ist es auch, wenn Kassen ungewünschten Antragstellern einfach ein Onlineformular der AOK ausdrucken und sie damit wegschicken. Jedem Antrag der gesetzlich Versicherungspflichtigen muss stattgegeben werden, egal wie alt, krank oder gesund sie sind.

Der neue Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP), der schon vor dem gestrigen Krisentreffen in Berlin mit Konsequenzen angesichts des Chaos gedroht hatte, begnügte sich vorerst mit einem Ultimatum. Bis zum Wochenende müssten alle Hindernisse für die Aufnahme von Versicherten der City BKK beseitigt sein. Geschehe dies nicht, würde in der nächsten Woche die Bundesregierung über Schlussfolgerungen beraten. Mit persönlicher Haftung für die Chefs der auffälligen Kassen drohte die CDU – dazu wäre aber eine Gesetzesänderung nötig.

Die am Treffen beteiligten Versicherer versuchten indes, die Probleme klein zu reden. Es gehe darum, auf »Arbeitsebene« alles dafür zu klären, dass »in den kommenden Wochen mit der Übernahme der City-BKK-Versicherten alles glatt laufe«, so eine Sprecherin des BKK-Bundesverbands. Auch einige Kassenvertreter lenkten ein und versuchen, den Schaden zumindest zu begrenzen. Die Techniker Krankenkasse nahm bereits 13 000 Menschen auf. Die AOK will niemanden wegschicken. Plötzlich gibt es mehr Berater und längere Öffnungszeiten, sogar ein Krisenmanagement der hauptsächlich beteiligten Kassen per E-Mail-Verteiler über alle Problemfälle. Die Kassenärztliche Vereinigung Berlin und die Berliner Ärztekammer betonten, dass sie die Patienten der City BKK bis 30. Juni wie bisher behandeln, danach mit einem neuen, gültigen Versicherungsnachweis.

Obwohl die Kassen für Versicherte mit bestimmten Krankheiten Ausgleichszahlungen erhalten und jedes neue Mitglied willkommen sein sollte, erscheinen zu viele Anträge offenbar als Bedrohung. So befürchtete die AOK bereits 2010 in einer internen Risikobetrachtung, dass von der City BKK allein in Berlin 31 500 Mitglieder zu ihr wechseln könnten – und damit auch deren Behandlungskosten übernommen werden müssten. Offenbar reicht die Auswahl der Krankheiten, die für Ausgleichszahlungen unter den Kassen ausgesucht wurden, nicht aus. Vielleicht ist das abweisende Verhalten einiger Kassen auch der Versuch, erneut Nachbesserungen zu ihren Gunsten von der Politik zu fordern.

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