Böse Biber, gute Biber
Der Nager kehrt nach 170 Jahren nach Rheinland-Pfalz zurück – und sorgt schon wieder für Probleme
Fischbach bei Dahn. Er gilt als eifriger Baumeister, ist ein Fabeltier und vielfaches Maskottchen: Der Biber hat in Rheinland-Pfalz zur Freude von Artenschützern wieder Fuß gefasst. Doch nun bekommt er Konkurrenz aus der eigenen Familie: Nicht der herkömmliche Europäische, sondern der Kanadische Biber macht sich in der Eifel breit und stellt dort die Mehrzahl dieser Tiere. »Die Art verdrängt den Europäischen Biber und besetzt dessen potenziellen Reviere«, so der Biologe Ludwig Simon vom Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht in Mainz.
Kanadische Biber kastriert
Um das zu verhindern, greifen Artenschützer durch. Kanadische Biber werden eingesammelt und kastriert, damit sie sich nicht vermehren. »Rund 30 Tiere haben wir dieses und letztes Jahr in der Eifel gefangen und untersucht«, sagt die Leiterin des Biberzentrums Rheinland-Pfalz, Stefanie Venske.
Der Europäische Biber, im Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz seit 1840 ausgerottet, tauchte vor wenigen Jahren wieder auf, nachdem er in angrenzenden Bundesländern angesiedelt wurde. Inzwischen gibt es laut Venske wieder 20 bis 25 Biber-Standorte im Land, etwa am Rhein, in der Westpfalz, im Hunsrück und in der Eifel, wo der Schwerpunkt liegt. Und wo ballen sich die Kanadischen Biber? »Das ist der Teil in der Eifel – und damit der größte Teil der rheinland-pfälzischen Biber«, erklärt die Geografin.
Wie die Eindringlinge ins Land kamen, ist nur zu vermuten. Vielleicht seien sie einem Tierpark entkommen, mutmaßt Venske. Sie weist darauf hin, dass Kanadische Biber vereinzelt in Belgien leben. Hinzu komme ein privater Zoo in der Eifel – »da gab es die Vermutung, dass über die Jahre ein Tier abgehauen ist«.
Klar ist aber, dass die Artenschützer die »Kanadier« nicht gewähren lassen wollen. Den »Kanadiern« wird nachgesagt, »dominanter« als Eurpoas Biber zu sein und höhere Dämme zu bauen. Und schließlich sei der andere Biber das einheimische Tier und nach Europäischen Richtlinien geschützt. Dieser Schutz umfasst auch das korrigierende Eingreifen des Menschen. Im Falle des Kanadischen Bibers in der Eifel sähen das auch die Nachbarstaaten Belgien, Luxemburg und Frankreich so. Mischen können sich die Arten nicht.
Beispiel Flußkrebs
Es wäre nicht das erste Mal, dass ein einheimisches Tier unter Konkurrenz leidet. Der heimische Flusskrebs etwa sei vom Amerikanischen Flusskrebs verdrängt und mit einer Krankheit infiziert worden – und seither unter Artenschutz, sagt Venske.
Sie selbst und ihre Helfer fangen daher nun die Biber ein und lassen sie genetisch untersuchen, denn die Arten sind schwer zu unterscheiden. Alle »Kanadier« werden kastriert. Um ihre Bauten zu erhalten, werden sie aber wieder ausgesetzt.
Biber fällen nicht nur Bäume, sondern setzen mitunter Nutzflächen unter Wasser. Auch dann ist Venske gefragt. »Wir geben Hilfestellung, wie die Konflikte zu bereinigen sind«, sagt die Leiterin des Biberzentrums. So könne zum Schutz von Bäumen etwa eine »Drahthose« und zur Trockenlegung überschwemmter Stellen eine Drainage im Biber-Damm empfohlen werden. Mit Aufklärungsarbeit und Lösungsvorschlägen ließen sich auch im Artenschutz in aller Regel Akzeptanz und damit gute Erfolge erzielen.
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