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Was ist »moderate Laufzeit«?

Atompolitik vor dem Verwaltungsgericht

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: 2 Min.
War die gestrige Verhandlung vor dem Berliner Verwaltungsgericht durch den Lauf der Ereignisse überholt? Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe e.V. gegen das Bundesministerium der Justiz. Hintergrund ist die vor einem halben Jahr von CDU/CSU und FDP beschlossene Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Die Regierungsmehrheit im Bundestag hatte unter Umgehung des Bundesrates bestimmt, die Laufzeit von Atomkraftwerken um durchschnittlich zwölf Jahre zu verlängern.

Im Vorfeld des Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes waren Informationen an die Öffentlichkeit gedrungen, dass das Justizministerium unter einer »moderaten Laufzeitverlängerung«, die keiner Zustimmung durch den Bundesrat bedürfe, einen Zeitraum von maximal zwei Jahren und vier Monaten zu verstehe. Ein krasser Unterschied also zwischen den Überlegungen im Justizministerium und den tatsächlichen Regierungsbeschlüssen.

Daraufhin beantragte die Umwelthilfe auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Akteneinsicht in alle Schriftstücke, die sich mit der Frage der »moderaten Laufzeitverlängerung« befassen. Da das Justizministerium dies mit der Begründung ablehnte, es handele sich bei der Vorbereitung von Gesetzen um Regierungstätigkeit, die nicht vom Informationsfreiheitsgesetz erfasst werde, zog die Umweltorganisation vor Gericht.

Die Kläger müssen in der Regel eine hohe Hürde überwinden: Sie wissen nicht genau, wogegen sie klagen, da sie die Unterlagen, die sie einsehen wollen, nicht kennen. Und die Behördenvertreter haben es um so leichter, Einsicht zu verweigern, da sie dies mit notwendiger Geheimhaltung begründen. Vor Gericht wird jeder Satz von Ministeriumsvertretern nur außerordentlich zögerlich vorgetragen – immer mit der Angst im Nacken, ein Wort zu viel zu sagen. So bleibt es bei Allgemeinplätzen und Floskeln.

Rund 30 Bände – Vorlagen, Gutachten, Aktennotizen, Anmerkungen, Stellungnahmen – beinhaltet die Akte »moderate Laufzeitverlängerung«. Geschützt vor den Augen der Öffentlichkeit, erklärte das Gericht, sind Erörterungen im Kabinett, ebenso vorgelagerte Beratungen. Alles, was auf sich Arbeitsebene in Ministerien oder im Kanzleramt abspielt, zählt zur Verwaltungsarbeit. Diese Unterlagen können öffentlich gemacht werden. Sind die 30 Bände nun Regierungsarbeit und geheim oder Verwaltungsarbeit und somit öffentlich nach dem Informationsfreiheitsgesetz?

Das Verwaltungsgericht gab der Klage der Umwelthilfe im Wesentlichen statt. Sie darf in die Unterlagen zum Thema »moderate Laufzeitverlängerung« des Justizministeriums Einsicht nehmen. Es gebe keine Gründe, den Inhalt der Akten geheim zu halten, sagte ein Gerichtssprecher. Schließlich geht es nicht um Laufzeitverlängerung oder Abschalten, sondern darum, wie die Regierung ihr Handeln öffentlich macht.

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