Ökologisch ohne Mitsprache

IG Metall kritisiert Windbranche / Gewerkschaft für Energiewende

  • Hans-Gerd Öfinger
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn am heutigen Mittwoch die Windenergiebranche mit dem Lobbytag »Global Wind Day« gut Wind für ihre Belange machen will, dann bescheinigt auch die IG Metall dieser relativ jungen Branche eine große Zukunft. Gleichzeitig verlangt die Gewerkschaft mehr Mitbestimmung für die überwiegend betriebsrats- und tarifvertragslosen Unternehmen.

Schätzungsweise 300 000 Menschen sind heute bundesweit in grünen Industrien tätig, davon etwa 100 000 in der Windbranche, so IG-Metall-Vizechef Detlef Wetzel am Dienstag vor Journalisten in Frankfurt am Main. Mit Umwelttechniken erwirtschafteten diese Unternehmen 2007 über acht Prozent des Bruttoinlandsprodukts, bis 2014 werde sich der Anteil auf über 14 Prozent erhöhen. Technologisch sei die deutsche Industrie führend, aber in der Anwendung bleibe das Land hinter Dänemark und Großbritannien zurück. Dabei sei speziell die Offshore-Windenergie, also Windparks auf hoher See, bereits jetzt in den von der Werftenkrise gebeutelten Küstenregionen und »eine riesige beschäftigungspolitische Chance«, so Wetzel.

Gleichzeitig jedoch ließen die Arbeitsbedingungen oftmals »erheblich« zu wünschen übrig. Etliche dieser von ökologisch motivierten Menschen vor zwei Jahrzehnten gegründeten Betriebe seien längst »große industrielle Player«. Nach wie vor handle es sich aber vielfach noch um »demokratiefreie Zonen ohne soziale Nachhaltigkeit«, in denen Tarifverträge Mangelware, Betriebsrenten die Ausnahme und der Gesundheitsschutz völlig untergeordnet seien. Vielfach sei auch der Anteil von Leiharbeitern mit über 40 Prozent erschreckend hoch. Da kein tariffähiger Arbeitgeberverband in Sicht sei, habe sich die IG Metall jetzt um Haustarifverträge bemüht und bei der erstmaligen Wahl von über 30 Betriebsräten mitgeholfen. Bei den Tarifen orientiere man sich an den bestehenden Standards für die Metall- und Elektroindustrie. »Eine Branche, die eine hohe öffentliche Förderung erfährt, muss ökologisch, wirtschaftlich und eben auch sozial nachhaltig sein und braucht Mitbestimmungsrechte für die Beschäftigten«, fordert Wenzel.

Über die Vertretung der Belange ihrer Mitglieder in der Branche hinaus mischt sich die IG Metall nun auch verstärkt in die energiepolitische Diskussion ein. So fordert sie einen noch schnelleren und konsequenteren Ausbau erneuerbarer Energien. Die von der Bundesregierung vorgesehene Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien auf 35 Prozent »wird dem Ziel einer schnellen Energiewende nicht gerecht«, kritisierte Wetzel. Auch für eine höhere Energieeffizienz habe die Koalition zu wenig getan. Zudem bremse sie das Potenzial der On-Shore-Windenergie, also von Anlagen auf dem Festland.

Um die Kosten des Energieumstiegs »vernünftig zwischen Stromkonzernen, Verbrauchern und Staat zu verteilen und wettbewerbsfähige Strompreise zu garantieren«, regte Wetzel ein Strompreismonitoring an. Dabei müssten die Preise unter Beteiligung von Verbänden, Gewerkschaften und Regierung regelmäßig überprüft werden. Aktuelle Äußerungen von Wirtschaftsverbänden über eine vermeintliche Gefährdung des Industriestandorts erinnerten ihn stark an frühere Jahrzehnte in der Bundesrepublik, als mit ähnlichen Begründungen die Einführung von Rußfiltern oder Katalysatoren in Kraftfahrzeugen gebremst wurde. »Die Firmen sollen jetzt nicht jammern und mit Abwanderung drohen, sondern die Dinge in die Hand nehmen«, forderte Wetzel.

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