Teldafax-Kunden müssen um ihr Geld bangen
Insolventer Strom- und Gashändler will weitermachen / Netzbetreiber kündigen Verträge
Troisdorf (dpa/ND). Der insolvente Energieanbieter Teldafax will die Versorgung seiner Kunden mit Strom und Gas aufrechterhalten. Diese würden weiter beliefert, sagte am Mittwoch der Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters. Kunden müssten ihrerseits Zahlungsverpflichtungen nachkommen.
Teldafax ist einer der größten konzernunabhängigen Energiedienstleister in Deutschland. Das Unternehmen aus Troisdorf bei Bonn hat derzeit nach eigenen Angaben 600 Beschäftigte und erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 500 Millionen Euro. Am Dienstag hatte der Billigstromanbieter wegen Zahlungsunfähigkeit beim Bonner Amtsgericht einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die bislang größte Pleite in der deutschen Energiebranche. Dem Vernehmen nach sind bei dem früheren Hauptsponsor des Bundesligaclubs Bayer Leverkusen erste Kündigungen per Mail eingegangen. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht den Rechtsanwalt Biner Bähr, Partner der White & Case Insolvenz GbR. »Teldafax hat im Markt in den letzten Monaten viel Vertrauen verloren. Das macht Lösungen nicht einfacher«, erklärte Bähr in einer ersten Stellungnahme. Es wäre aber bedauerlich, wenn ein aktiver und unabhängiger Wettbewerber wie Teldafax aufgeben müsste.
Wegen Zahlungsversäumnissen hatten zahlreiche Netzbetreiber die Durchlieferungsverträge gekündigt. Nach dpa-Informationen hat sich vor allem dadurch die Kundenzahl von einst 700 000 Strom- oder Gasabnehmern auf rund 350 000 halbiert. Am Mittwoch gab ein weiterer Netzbetreiber aus dem Raum Mannheim und Offenbach, der 2100 Teldafax-Kunden bedient, seine Kündigung bekannt.
Die Staatsanwaltschaft Bonn ermittelt gegen den Billiganbieter, der durch günstige Angebote bei Jahresvorauskasse bekannt wurde, seit Monaten wegen möglicher Insolvenzverschleppung. Für die Strom- und Gaskunden beginnt nun eine Zitterpartie. Zwar brauchen sie nicht zu fürchten, dass ihre Strom- oder Gasleitungen gekappt werden. Doch wer sich auf einen Tarif mit Vorkasse eingelassen hat, könnte das Geld je nach Insolvenzfortgang verloren haben. Bähr scheint aber entschlossen zu sein, das Unternehmen zu retten – hierzu ist auch der Erhalt von möglichst vielen Kunden nötig.
Wenn Teldafax aber doch seine Kunden abgeben muss oder Netzbetreiber die Durchlieferungsverträge kündigen, springen automatisch die örtlichen Grundversorger ein. Deren Strom- und Gaspreise sind in der Regel sehr hoch. In dem Fall raten Verbraucherschützer, den Versorger zu wechseln. Strom- und Gastarife lassen sich unter anderem in Internetportalen wie verivox.de oder toptarif.de vergleichen. Auch ein Wechsel kann hier leicht vollzogen werden.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte, die Aufsichtsrechte der Bundesnetzagentur im Strommarkt zu stärken, um Insolvenzen mit hohem Schadensrisiko für Verbraucher zu verhindern. »Es kann nicht sein, dass Anbieter mit Dumpingpreisen werben, Vorkasse verlangen und die Verbraucher anschließend im Regen stehen«, sagte vzbv-Vorstand Gerd Billen. Die Insolvenzgefahr sei bekannt gewesen, trotzdem habe das Unternehmen um neue Kunden werben dürfen.
Der Billigstromanbieter war schon im vergangenen Jahr in die Schlagzeilen geraten, weil die Finanzlage immer schwieriger wurde. Vorübergehend konnte sich Teldafax über Wasser halten, indem neue Kunden zu dem Unternehmen kamen und die Stromlieferungen im Voraus bezahlten. Doch das Vorgehen, mit Niedrigstpreisen vorübergehend Verluste hinzunehmen, um auf dem Markt schnell Fuß zu fassen, scheiterte. Auch ein mehrfacher Wechsel der Gesellschafter konnte die Insolvenz nicht mehr aufhalten. Zuletzt war der Finanzinvestor Prime Mark Financial Group mit Sitz in Zypern als neuer Gesellschafter eingestiegen. Der neue Hauptgesellschafter, hinter dem sich russische Eigentümer verbergen, pumpte einen weiteren zweistelligen Millionenbetrag in das Unternehmen.
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