Teurer Wohnen in Hamburg

SPD-geführter Senat verspricht Neubauten

  • Volker Stahl, Hamburg
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Lage auf dem Hamburger Wohnungsmarkt wird immer dramatischer. Mieten und Nebenkosten steigen, die Zahl der Neubauten geht zurück. 2010 wurden in der Hansestadt nur 3520 Wohnungen fertiggestellt – 1,9 Prozent weniger als im Jahr zuvor. Jetzt verspricht der SPD-Senat, jährlich neue 6000 neue Wohnungen zu bauen, darunter auch Sozialbauten.

Die sechsköpfige Familie Albers würde gerne in Hamburg wohnen. Doch sie findet keine Immobilie in angemessener Größe: Das Angebot ist zu gering, die Wohnungen sind zu teuer. Schuld daran sind politische Fehlentwicklungen – die CDU-geführten Senate haben den Wohnungsbau im vergangenen Jahrzehnt stark vernachlässigt. Zudem behindern Bürokraten den Bau von Wohnungen mit dem Hinweis auf überholte Bebauungspläne.

»Geht es weiter wie bisher, wird es nichts mit der wachsenden Stadt«, sagt Gerd Albers, der als Verwaltungsleiter in Hauptbahnhofnähe arbeitet. Nach langer vergeblicher Wohnraumsuche in Hamburg lebt er mit seiner Frau Heike und seinen vier Kindern im schleswig-holsteinischen Bad Segeberg.

Platz nur noch im Umland

Großzügiges Wohnen in einem überschaubaren finanziellen Rahmen sei nur noch im Hamburger Randgebiet möglich, sagt Albers: »Wir brauchen viel Platz und haben uns natürlich auch insbesondere aus finanziellen Gründen für das Leben hier entschieden.«

Hamburg zählt zu den teuersten Wohngegenden Deutschlands. In der aktuellen Mietpreisbetrachtung des Internetportals »ImmobilienScout24« werden die Hamburger im Durchschnitt mit 9,50 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete zur Kasse gebeten. Das sind 3,70 Euro mehr als im Bundesdurchschnitt. Tendenz weiter steigend. »Nach der Explosion der Kaltmieten in den letzten zwei Jahren haben nunmehr auch die Kosten für die sogenannte zweite Miete die 3-Euro-Marke überschritten«, rechnet Eckard Pahlke, Vorsitzender des Mietervereins zu Hamburg die Entwicklung der Betriebskosten vor.

Die Hansestadt ist seit der Wende um 160 000 Einwohner gewachsen, die Zahl der Sozialwohnungen aber von 300 000 auf unter 100 000 gesunken. Mittlerweile begehren auch Investoren gegen die Hemmnisse beim Wohnungsbau auf. Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) und der Bundesverband freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) kritisieren ausufernde Bürokratie, schleppende Genehmigungsverfahren, die Ausweisung von zu wenigen Flächen für den Wohnungsbau und vor allem zu hohe Preise für städtische Grundstücke. Welch absurde Blüten der Immobilienpoker bisweilen treibt, zeigt das Beispiel Brennerstraße im attraktiven Stadtteil St. Georg. Dort soll ein 400 Quadratmeter großes Grundstück zwei Millionen Euro kosten. Die Folge: An der Ecke Soester/Greifswalder Straße im selben Stadtteil kosten Eigentumswohnungen 4000 Euro pro Quadratmeter, Mieter zahlen 18 Euro.

Tausende Neubauten?

In dieser brisanten Situation ist schnelles Handeln gefragt. Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) verspricht nun, jährlich 6000 Wohnungen zu bauen: »Wenn alle mitmachen, bin ich überzeugt davon, das schaffen zu können.« Deshalb führe der Senat Gespräche mit den Wohnungsbaugenossenschaften, dem städtischen Wohnungskonzern SAGA/GWG, der Wirtschaft, den Mietervereinen und den Bezirken.

Die Mietervereine sind noch skeptisch und fordern zusätzlich die Rückwidmung von Wohnungen, die als Büros oder für Gewerbe zweckentfremdet wurden. »Wir werden prüfen, wo das möglich ist und Umwandlungsprämien zahlen«, kündigt Blankau an. Zwischen 2006 und 2010 sind durch Umwidmung 510 Wohnungen entstanden. Effizienter dürfte die Umsetzung des Senatsvorhabens sein, das bisherige Verfahren, nach dem die Stadt Baugrundstücke veräußert, abzuschaffen. »Der Senat ist sich einig, dass wir von dem Höchstgebotsverfahren abweichen und zu einem Konzeptverfahren übergehen müssen. Davon werden vor allem Genossenschaften und SAGA/GWG bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum im Innenstadtbereich profitieren«, verspricht Blankau.

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