Vermummte Polizisten

NRW-Linksfraktion fordert Kennzeichnungspflicht für Ordnungshüter

  • Lenny Reimann, Düsseldorf
  • Lesedauer: 3 Min.
In Nordrhein-Westfalen wurden im vergangenen Jahr 1434 Ermittlungsverfahren gegen Polizisten eingeleitet. Doch nur in 17 Fällen kam es zu einer Verurteilung. Dies geht aus einer Kleinen Anfrage der Linksfraktion hervor. Um stärker gegen Polizeigewalt vorzugehen, fordern Partei und Menschenrechtler unter anderem die Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten.

Polizeiliche Gewalt gehört vor allem für Demonstranten und Fußballfans zum Alltag. Im Rahmen einer fachpolitischen Konferenz, an der insgesamt mehr als 80 Interessierte teilnahmen, erörterte die Linksfraktion am Sonnabend im Düsseldorfer Landtag Möglichkeiten zur Demokratisierung der Polizeistrukturen und Verbesserungen für die Opfer von gewalttätigen Übergriffen.

Bereits im Vorfeld der Tagung hatte die LINKE eine Kleine Anfrage zum Thema polizeiliche Gewalt gestellt, die in der letzten Woche von der rot-grünen Minderheitsregierung beantwortet wurde. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 1434 Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, 493 davon aufgrund des Vorwurfes der »Körperverletzung im Amt«. Indes sei es nur in 17 Fällen zur Verurteilung der beschuldigten Polizisten gekommen, so die Landesregierung.

Diese verhältnismäßig niedrige Zahl an Verurteilungen in NRW nahmen am Sonnabend einige der Referenten zum Anlass, unabhängige Polizeibeauftragte zu fordern, damit gegen die Beamten erhobene Vorwürfe unparteiisch verfolgt werden könnten, wie es in anderen europäischen Ländern der Fall ist.

Rolf Gössner, Bürgerrechtler und Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschenrechte, sprach sich für unabhängige Polizeibeauftragte aus, die mit Kontrollbefugnissen ähnlich der Datenschutzbeauftragten ausgestattet werden sollten. Er forderte, die Beauftragten mit besonderen Kontrollbefugnissen, etwa einem eigenständigen Untersuchungs-, Auskunfts- und Ladungsrecht, auszustatten.

Ähnlich äußerte sich Alexander Bosch, Sprecher der Themenkoordinationsgruppe »Polizei und Menschenrechte« von Amnesty International, der sich für die flächendeckende Einführung einer Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamten, die Installation von Videoüberwachung auf Polizeistationen sowie eine verstärkte Menschenrechtsbildung bei der Polizei aussprach.

Auf erwartungsgemäß wenig Gegenliebe stießen die Forderungen beim Landesvorsitzenden der nordrhein-westfälischen Gewerkschaft der Polizei (GdP), Frank Richter. Dieser warf seinen Mitdiskutanten vor, die »Polizei unter Generalverdacht zu stellen«. Die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für Beamte bezeichnete er als »Modeerscheinung«. Jedoch bezog der GdP-Chef bezüglich polizeilicher Übergriffe eindeutig Stellung. »Leute, die übers Ziel hinausschießen, gehören nicht in die Polizei«, konstatierte Richter.

Während Niklas Schrader, Innenreferent der Linkspartei im Berliner Abgeordnetenhaus, über Widerstände und Befürchtungen bezüglich der Einführung der Kennzeichnungspflicht referierte, berichtete der Düsseldorfer Rechtsanwalt Tim Engels von seinen Erfahrungen in Gerichtsprozessen. Die Beamten besäßen vor Gericht oftmals ein »Wahrheitsmonopol«, während dem Durchschnittsbürger mit Misstrauen begegnet werde, kritisierte der Anwalt. So habe eine Richterin in einem von Engels betreuten Verfahren die Aussagen der Beamten trotz anderslautender Aussagen und Indizien pauschal für glaubhaft befunden, weil ein Polizist, der vor Gericht Falschaussagen tätige, damit seinen Beruf riskiere.

Die Ergebnisse der Tagung sollen laut Anna Conrads, innenpolitische Sprecherin der NRW-Linksfraktion, in parlamentarische Initiativen münden. Die Fraktion werde nun unter anderem Anträge zur Einführung der Kennzeichnungspflicht für Polizisten vorbereiten.

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