- Sport
- Nachschuss
Nur gucken, nicht kicken
Bei so viel WM schauen, bekommt man Lust, selbst ein wenig zu kicken. Also auf in die »Fußballgärten« am Mainufer! Schon von der Friedensbrücke lockt aus der Ferne der überdimensionale Fußball, die schwimmende Bühne des Festes. Auf der Fanmeile geht es vorbei an Bierständen, Cocktailbars und den Leinwänden. Hinter dem Miniriesenrad und einem Karussell liegt »Speedcell«, der WM-Ball. Allerdings zwei Meter groß und aus Hartplastik. Nichts zum Spielen.
Weiter geht's vorbei an Meral's schwimmender Dönerbude, Wiener Mandeln und Elsässer Flammkuchen. Dann – endlich – ein kleiner Kunstrasenplatz. Doch schon der Schriftzug auf der Bande verheißt nichts Gutes: »Girls wanted.« Vielleicht trotzdem mal kurz fünf Minuten mitspielen? »Nein, nur Mädchen«, stellt eine kleine Dribbelkünstlerin in zu großem Nationaltrikot klar.
Das Drängeln durch die freudetrunkenden Massen bleibt der einzige Kick. Plötzlich ertönt Torjubel. Auf der großen Bühne gibt es ein Elfmeterschießen. Die Schlange ist zwar lang, aber was soll's. »Das ist ein Weltrekordversuch im Dauer-Elfer-Schießen der Frauen«, erklärt eine Mittfünfzigerin im Sportdress vor mir. Mehr als 500 hätten schon nacheinander vom Punkt aufs Tor geschossen, deutlich mehr als die bisherige Bestmarke von 364 aus Singapur und auch mehr als beim Parallelwettbewerb in Augsburg, wo nach 463 Schüssen die 30-Sekunden-Pause-Regel missachtet und das Zählen abgebrochen wurde.
Der Weltrekord ist also gefallen. Dann kann man doch mal, nur einmal schießen? Es muss ja nicht zählen. Nein, sagt die Dame im roten Volunteerdress, die die Teilnehmerinnen akribisch aufschreibt. Für Männer gilt: Nur gucken, nicht mitkicken! Oder ins Tor stellen! Nein, danke! Es ist die WM der Fußballerinnen – da muss auch mal anfeuern reichen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.