Rechts und rechter
Für die NPD im Nordosten wird es eng – auch, weil die verfeindeten Republikaner antreten wollen
Wahlumfragen sollte man nicht überbewerten, doch nach den jüngsten Erhebungen in Mecklenburg-Vorpommern stehen die Parteien, die Udo Pastörs so gern als Alt- oder »Blockparteien« verhöhnt, im Augenblick sehr gut da. Die SPD verharrt bei 34 Prozent, was ein Plus von vier Prozent gegenüber 2006 wäre, auch die CDU würde leicht gewinnen und auf 30 Prozent kommen, die LINKE, der zuletzt mal 15, mal 22 Prozent zugetraut wurden, könnte mit 17 Prozent immerhin das Ergebnis von 2006 bestätigen – die NPD, deren Landtagsfraktion Pastörs vorsitzt, käme aber nur auf vier Prozent.
Das ist schon seit Jahren so. Mit Ausnahme einer Fünf-Prozent-Messung im Januar 2011 durch Forsa lag die NPD in der »Sonntagsfrage« zuletzt im Herbst 2007 bei den sieben Prozent, die sie 2006 erreichte. Wenn sich die neuen Werte bewahrheiten, die der NDR bei Infratest Dimap in Auftrag gegeben hat, wäre nicht etwa die NPD, sondern wären die Grünen mit acht Prozent der Gewinner unter den Kleinen – während die FDP den Landtag verpassen würde.
Pastörs lässt sich von solchen Umfragen freilich nicht beeindrucken: Er sieht seine Partei in bestem Zustand, spricht von »mindestens acht Prozent plus X« als Wahlziel. Anhänger und Sympathisanten seiner Partei würden sich in solchen Umfragen nicht zu erkennen geben. Vor einer NPD-typischen »Dunkelziffer« hat auch Forsa-Chef Manfred Güllner schon gewarnt, und tatsächlich hatten alle Institute die NPD bei der letzten Landtagswahl massiv unterschätzt. Noch drei Wochen vor dem Urnengang sahen Emnid, Forsa und Infratest Dimap die Braunen bei drei oder vier Prozent. Erst wenige Tage vor dem tatsächlichen Wahlgang bekannten sich gegenüber den Demoskopen in etwa die sieben Prozent zur NPD, die sie dann tatsächlich wählten.
Ob es wieder so kommt, bleibt dennoch abzuwarten. Bei der Sachsen-Anhalt-Wahl im März hatten die meisten Umfragen die NPD im Landtag gesehen, den die Partei dann aber knapp verpasste. Zudem wird im unmittelbaren Vorfeld der Wahl ein Prozess gegen Pastörs beginnen, der vergangenes Jahr im Landtag im Zusammenhang mit einer Gedenkveranstaltung von »einseitigem Schuldkult« und »Auschwitzprojektion« gesprochen haben soll. Auch in Sachsen-Anhalt wurde die NPD durch die »Junker-Jörg«-Af- färe um kurz vor der Wahl bekannt gewordene Internet-Einträge des dortigen Spitzenkandidaten Matthias Heyder gebremst.
Nach außen bemüht sich die NPD zudem um mehr Bürgernähe und versucht, Mehrheitsthemen mit einem Rechtsdrall zu versehen, beispielsweise die Atomkraft. Diese Woche etwa ist ein NPD-Antrag im Landtag, der ein Verbot des Imports von Atomstrom vorsieht. In der Mai-Sitzung wollten die NPDler die Landesregierung verpflichten, gegen den angekündigten Bau von Kernkraftwerken in Polen zu kämpfen. Dazu seien deutsche Politiker schon deshalb berechtigt, da Polen »erhebliche Transferleistungen in Milliardenhöhe vom deutschen Steuerzahler über den Umweg der EU« erhalte, so Pastörs in der Fraktionspostille »Ordnungsruf«. Interessanterweise ohne nationalistisch-rassistischen Unterton kämpft die Nordost-NPD neuerdings auch gegen Leiharbeit: die entsprechenden Forderungen – u.a. feste Übernahme nach sechs Monaten, Sonderabgaben für Unternehmer, die dauerhaft auf Leiharbeit setzen, Leiharbeit-Mindestlohn, der »mit dem für fest angestellte Arbeitnehmer vergleichbar ist« – scheinen direkt von DGB oder Linkspartei abgekupfert.
Ob da die Wähler nicht lieber gleich das Original ankreuzen, wird sich zeigen. Das Zünglein an der Waage könnte dabei die Rechtspartei Republikaner spielen, die am 4. September antreten will, obwohl sie im Nordosten ein Phantom darstellt. Die Landesvorsitzende Brigitte Wagner ist fast vollständig unbekannt, über den Spitzenkandidaten Karsten Wegelinski weiß man immerhin, dass er die Republikaner 2009 in den Stralsunder Kommunalwahlkampf führte – und dabei zwar unter einem Prozent blieb, doch der NPD wohl einen Sitz kostete. Das könnte nun auch bei der Landtagswahl geschehen.
Über landesspezifische Inhalte der Republikaner ist bisher nichts in Erfahrung zu bringen. Der bayerische Parteichef empfahl die Partei als Alternative zu einem imaginären sozialistischen Einheitsblock. Parteichef Rolf Schlierer soll das Antreten ausdrücklich als Aktion »gegen die NPD« angekündigt haben. Bisher nahmen die Reps stets an den Landtagswahlen teil, kamen aber nie über eine Prozent hinaus. Nur 2006 gab es keine Rep-Landesliste – und prompt schaffte die NPD den Landtagseinzug.
Wo indessen die NPD steht, wird immer deutlicher: Michael Gielnik zum Beispiel, der im neuen Großkreis Südvorpommern als NPD-Landratskandidat antreten will, weigerte sich kürzlich, seine Treue zur »freiheitlich-demokratischen Grundordnung« zu erklären. Stattdessen kündigte er an, sich als Landrat »für den Aufbau einer wahren Volksherrschaft« einsetzen zu wollen, bei der »der biologische Fortbestand des deutschen Volkes« im Vordergrund stehe.
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