Vorwürfe gegen Commerzbank

Geldanlagen wie auf »Kaffeefahrten« angepriesen

  • Dieter Hanisch, Kiel
  • Lesedauer: 3 Min.
In Schleswig-Holstein werden schwere Vorwürfe gegen die Commerzbank laut: Rechtsanwalt Helge Petersen wirft dem Geldinstitut vor, Kunden im Seniorenalter systematisch falsch, lückenhaft und irreführend beraten zu haben.

Kunden sei bereits zu Beginn der Finanzkrise offenbar vorsätzlich geraten worden, ihre Ersparnisse in einen neu aufgelegten Dachfonds namens »Premium Management Immobilienanlage« zu fokussieren, erklärt Michael Herte, Finanzdienstleistungsexperte der Verbraucherzentrale. Der sei aber nichts anderes gewesen als eine Fonds-Streuung »Best of Schrott«.

»Die Empörung ist groß«, weiß Herte, der allein im nördlichsten Bundesland von über 300 Fällen dieser Commerzbank-Geschäfte Kenntnis bekommen hat. Inzwischen wurden mehrere Strafanzeigen gestellt. Betroffenenanwalt Helge Petersen wie auch Herte, beide selbst früher bei Banken tätig, wollen nicht an Einzelfälle und schon gar nicht an Zufälle glauben, zu deckungsgleich verlief aus ihrer Sicht das jeweilige Vorgehen der Commerzbank im Mai 2008, als »Premium Management« in den Markt eingeführt wurde.

Angesprochen wurden jeweils langjährige Kunden meist oberhalb des 70. Lebensjahres. Einige davon waren sogar blind und hatten ihr Domizil in einem Altenheim. Durchweg bestanden seit vielen Jahren Verträge bei dem risikoniedrigen Fonds »Hausinvest«, der speziell viele Kleinanleger beherbergte. Dann passierte vielen das, was auch Werner Höllmer aus Neumünster widerfuhr. Dem bis dato zufriedenen Anlagekunden wurde der neue »Premium Management« als Erfolg versprechendes Anlagemodell angepriesen. Höllmer, jahrzehntelang zufrieden mit dem Service der Bank, schichtete 15 000 Euro um. Thematisiert wurde diese besondere Geldanlagemöglichkeit im Rahmen einer Commerzbank-Einladung zu einem Museumsbesuch in Neumünster. »Da waren rund 40 Besucher«, erinnert sich Höllmer. Auch in Lübeck ging die Commerzbank ähnlich vor und hat in »Kaffeefahrten«-Manier in Autohäuser eingeladen.

Als Ende September 2010 »Premium Management« geschlossen und damit die Anteilsrücknahme ausgesetzt wurde, beschlich Höllmer ein ungutes Gefühl. Er fragte in der Bank nach und musste sich anhören, dass man seinen Unmut gar nicht verstehen würde, schließlich verfüge er doch noch über ein anderes ihm zugängliches Konto. Er schrieb die Bank an. In der Antwort, auf die er lange warten musste, hieß es, die Bearbeitung würde noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen. »Hier ist offenbar versucht worden, durch Hinhalten über die dreijährige Verjährungsfrist zukommen«, empört sich Herle. Eine die Vorgänge verharmlosende und beschönigende Grafik der Bank ist nun ebenso Streitpunkt wie die Jahresabschlussrechnung und darauf vermeintlich lückenhafte bzw. vorenthaltende Informationen.

Wie das ND erfahren hat, wurden bereits erste verbraucherorientierte Kulanz-Kompromisse erzielt, um Gerichtsverfahren aus dem Weg zu gehen. Die Bank teilte angesichts des drohenden Imageschadens mit, man nehme die Sorgen der Kunden selbstverständlich ernst und werde sich jede Beschwerde ansehen »und jeden Einzelfall entscheiden«. Die Strafanzeigen wollte man hingegen nicht kommentieren. Für Höllmer steht fest: »Mein Vertrauen ist dahin.«


Lexikon

Dachfonds (auch Fund of Funds) sind Investmentfonds, die das Geld der Anleger wiederum in verschiedene Investmentfonds investieren. So besitzt ein Aktiendachfonds keine Aktien, sondern Anteile an verschiedenen Aktienfonds. Der Nachteil dieser Anlageform liegt in den doppelten Verwaltungskosten, schließlich sind die Kosten für die Leitung des Dachfonds und die Kosten für die Verwaltung der Fonds, in welche investiert wird, zu berücksichtigen. ND

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