Geheimdienst soll weniger dürfen
Niedersachsens Grünen-Fraktion will das Abhören von Privaträumen beenden
Die Grünen wollen die Kompetenzen des niedersächsischen Verfassungsschutzes beschränken. Unter anderem möge der sogenannte »große Lauschangriff« auf private Wohnräume nicht mehr erlaubt werden, fordert die Fraktion in einem Antrag, der am Freitag im Landtag behandelt wurde. Schon jetzt, vor der Beratung im Fachausschuss, machte Innenminister Uwe Schünemann (CDU) im Parlament deutlich, was er von der vorgeschlagenen Gesetzesreform hält: nichts.
Auch sehr junge Menschen können sich nach Ansicht Schünemanns schon an terroristischen Handlungen beteiligen. Der Hardliner wandte sich deshalb besonders vehement gegen den Antrag der Grünen, der Verfassungsschutz solle Ermittlungsdaten nur noch dann speichern, wenn die davon Betroffenen mindestens 16 Jahre alt sind. Schünemann will seine Schlapphüte auch künftig auf jüngere »Verdächtige« ansetzen. Es sei festzustellen, bemerkte er, dass im Bereich des Rechtsextremismus schon »früh radikalisiert« wird.
Überwachte Jugendliche
Ein Lieblingsthema des Ministers durfte nicht fehlen: die »Bedrohung« durch Islamisten. Angesichts des Extremismus in diesem Bereich »wäre es total verfehlt, die Daten von Jugendlichen unter 16 Jahren nicht zu erfassen«. Schünemann erinnerte daran, dass die Zünder für Bomben der sogenannten Sauerland-Terrorgruppe 2007 von einem 15-Jährigen ans Ziel geschmuggelt worden seien. Eine Studie des Bundeskriminalamtes habe bewiesen, dass sogar unter 15-Jährige radikalisiert würden, ergänzte der Minister seine Ausführungen zur »islamistischen Gefahr«.
Nach den Anschlägen in den USA am 11. September 2001 seien zahlreiche Sicherheitsgesetze verschärft worden, konstatierte der Innenexperte der Landtagsgrünen, Ralf Briese. »Die Nachrichtendienste haben umfängliche weitere Informationsrechte erhalten.« Auch die Kompetenzen der Polizei seien erhöht worden: in puncto Videoüberwachung, Rasterfahndung und Handy-Ortung zum Beispiel. Parallel dazu seien die Sicherheitsbehörden personell deutlich aufgerüstet worden.
Parlamentarische Kontrolle
»Niedersachsen hat es hier am Weitesten getrieben«, sagte Briese. Nun müsse darüber nachgedacht werden, was von den Verschärfungen der Sicherheitsgesetze noch gebraucht werde. Unter anderem wollen die Grünen den sogenannten großen Lauschangriff auf private Räume abschaffen. Die Auskunftspflichten für Bank-, Flug- und Postdienstleister gelte es zu reduzieren. »Und wir wollen eine Stärkung der parlamentarischen Kontrolle des Verfassungsschutzes«, so Briese.
Pia Zimmermann, Innenexpertin der LINKEN, betonte, auch ihre Fraktion wolle »die schlimmsten bürgerrechtsfeindlichen Einschnitte«, welche die Anti-Terror-Gesetze mit sich gebracht haben, rückgängig machen. Zimmermann verwies auf einen LINKEN-Antrag, den Etat des niedersächsischen Verfassungsschutzes um zehn Millionen zu kürzen. Das sei ein erster Schritt, den Geheimdienst des Landes »in seinem Wirken massiv einzuschränken«.
Die SPD gehen die Änderungswünsche der Grünen zu weit. So will sie die Abschaffung des großen Lauschangriffes nicht mittragen. Wahrscheinlich werden weder die CDU noch die FDP dem Grünen-Antrag zustimmen, der nun im Fachausschuss behandelt wird und mit der Forderung überschrieben ist: »Bürgerrechte wieder einführen!«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.