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Marta, die Kapellmeisterin
Wer Marta sucht, muss die Ohren öffnen, nicht die Augen. Es kann schon mal eine Stunde ab Spielende dauern, bis die brasilianische Weltfußballerin in die Mixed Zone zu Interviews kommt. Bis dahin muss man nicht wild suchen, ob man sie zwischen all den Journalisten, Spielerinnen oder Trainern übersehen hat. Marta schafft sich ihren Auftritt, den man unmöglich verpassen kann, denn schon eine Minute vor ihrem Eintreffen hört man sie.
Gemeinsam mit sieben anderen Spielerinnen bildet Marta eine Kapelle mit Trommeln, Rasseln und Gesang. So wird – vorzugsweise nach erfolgreichen Spielen – brasilianische WM-Stimmung verbreitet. Der Star spielt übrigens Triangel. Verwundert schaut sie die versammelten Kolleginnen mit Mikrofonen, Kameras und Notizblöcken an, als ob sie fragen will, warum wir denn nicht mittanzen und lieber langweilige Fragen stellen. Immerhin, sie ist so nett und beantwortet sie. »Ja, ich kann noch besser spielen ... ja, wir können Weltmeister werden ... ja, wir finden's alle schön hier. Sieht man doch!« Besser: Hört man doch!
Auch nach dem Einsteigen in den Mannschaftsbus ist es nirgends so laut wie um die Brasilianerin. Zehn Fans machen hinterm Zaun einen solchen Lärm, als wären es 100. »Wir sind extra für ein Spiel aus Brasilien hergeflogen. Nur um Marta zu sehen«, sagt einer von ihnen, der gesteht, für diese 90 Minuten etwa 1500 Euro Reisekosten gezahlt zu haben. »Sie ist in Brasilien bei den Frauen, was Pele bei den Männern ist«, erklärt er mir seine Ekstase.
Marta weiß, was sie ihren Fans schuldet. Bei der Abfahrt des Busses quetscht sie sich an die Frontscheibe neben den Fahrer und jubelt ihrerseits ihren Anhängern zu. Das ist dann auch das Ende meines Fan-Interviews, denn der rennt nun einen knappen Kilometer dem Bus hinterher. Bei Birgit Prinz habe ich so etwas noch nie gesehen.
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