Euro vor Gericht
Mündliche Verhandlung zur Euro-Krise in Karlsruhe
Vorab hatte der oberste Gerichtshof bereits die meisten Beschwerden verworfen. Schließlich ist das Gericht nicht für wirtschaftliche Fragen zuständig. Übrig geblieben sind 15 Verfahren, von denen sich der Zweite Senat unter Präsident Andreas Voßkuhle beispielhaft den Beschwerden des CSU-Politikers Peter Gauweiler sowie die einer Gruppe von Professoren um den Ökonomen und früheren Landesbankenchef Wilhelm Hankel angenommen hat. Die Gruppe zieht schon zum dritten Mal gegen den Euro juristisch zu Felde.
Im Mittelpunkt des Verfahrens stehen die über ein Jahr alten Garantien für Griechenland, für die Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bis zu 22,4 Milliarden Euro an Krediten aufbringen muss. Schäuble unterstrich mit Blick darauf, dass die deutsche Wirtschaft von dieser Hilfe »mehr als andere« EU-Länder profitiere. Außerdem steht der ebenfalls im Mai 2010 verabschiedete »Euro-Rettungsschirm« EFSF am Pranger, er hat europaweit ein Volumen von 750 Milliarden Euro. Auf Deutschland entfallen davon 147,6 Milliarden.
Das Bundesfinanzministerium ist ermächtigt, Bürgschaften für Kredite bis zu dieser Höhe zu übernehmen. Bei diesen gewaltigen Summen geht es allerdings nicht um unwiederbringlich verlorene Zahlungen an Griechenland, Irland und Portugal. Im günstigen Fall macht die deutsche Staatskasse sogar ein Plus, im ungünstigen Fall einen zweistelligen Milliardenverlust. Beiden Rettungspaketen hat der Bundestag zugestimmt. Trotzdem sehen Gauweiler und Hankel den Bundestag nicht genügend in alle Entscheidungen eingebunden.
Nicht auf der Karlsruher Tagesordnung steht die jüngste Ausweitung zu einem ständigen »Stabilitätsmechanismus« (ESM). Ausgerechnet diesen lehnt die Linksfraktion im Bundestag »in seiner geplanten Form ab«, so Sahra Wagenknecht. Jede Einschränkung des Budgetrechts des Parlaments sei ein Angriff auf die Demokratie. »Mit der Schaffung von immer mehr Schattenhaushalten zur Bankenrettung wird dieses Recht mit Füßen getreten«, erklärte die wirtschaftspolitische Sprecherin der LINKEN. Über den Euro-Stabilitätsmechanismus wird der Bundestag erst nach der Sommerpause entscheiden.
Bundesfinanzminister Schäuble erschien gestern selbst in Karlsruhe, um vor einem Kollaps des Währungssystems zu warnen. »Wir haben die Euro-Verträge richtig umgesetzt.« Das zielt auf die zweite Attacke der Kläger: Der Euro-Rettungsschirm verstoße gegen EU-Recht. Dieses sieht eigentlich nicht vor, dass andere Staaten Pleitekandidaten retten (»Bail-out-Verbot«).
Sollte sich das Gericht dieser Meinung anschließen, müsste es das Verfahren an den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg überweisen. Das hat Karlsruhe bislang immer vermieden, um nicht seine eigene Machtstellung zu beschädigen. Ein Urteil wird für den Herbst erwartet.
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