Keine Papiere aus Athen

Europäisches Gaza-Hilfsschiff wartet weiter auf Auslaufgenehmigung

  • Martin Lejeune, an Bord der »Stefano Chiarini« in Gouvia
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Passagiere der in griechischen Häfen liegenden Schiffe der Gaza-Hilfsflotte warten weiter auf Auslaufgenehmigungen. Ein französisches Schiff stach trotz Verbots in See; auf der »Stefano Chiarini« trat ein Arzt aus Protest gegen das Verhalten der Behörden in den Hungerstreik.

Der San Giacomo-Platz in Korfu-Stadt bot in dieser Woche einen ungewöhnlichen Anblick. Seit über einem Monat ist er jeden Montag Ort der Proteste der »Bewegung des Volkes für Würde« gegen die Athener Sparpolitik. Nun hatten die 45 verbliebenen Passagiere des Gaza-Hilfsschiffes »Stefano Chiarini« den Platz mit Fahnen, Transparenten und Forderungen der Free Gaza-Flotte versehen. Am Montagabend, als sich die Einheimischen versammelt hatten, hielten die meisten der nationalen Delegationsleiter über eine improvisierte Lautsprecheranlage Reden. Der Österreicher Leo Gabriel etwa forderte Griechenlands Regierungschef Giorgos Papandreou auf, sich an das internationale Seerecht zu halten und die Schiffe der Flotte auslaufen zu lassen. »Diese gut besuchte Manifestation und der Applaus nach unseren Reden belegen, dass die Bevölkerung Korfus hinter unserer berechtigten Forderung nach einer Auslaufgenehmigung steht«, meinte auch »Stefano Chiarini«-Koordinator Nourdin al-Quali gegenüber ND.

Zu den Verzögerungstaktiken der Hafenpolizei von Korfu äußerte sich inzwischen auch der Gouverneur der Insel, Spiros Spirou, während eines Gesprächs am Montagabend mit Journalisten: »Ich bin machtlos gegen diese Entscheidung aus Athen. Dabei sympathisiere ich mit den Aktivisten. Deshalb würde ich sie auch niemals aufhalten, falls sie doch ohne Genehmigung auslaufen sollten. Aber ich kann andererseits auch nicht verhindern, dass andere dies tun.« Spirou sagte, Griechenland nehme keine »Befehle« von Israel entgegen. Er räumte jedoch ein, dass es derzeit »gewisse fiskalische Interdependenzen und vertragliche Verpflichtungen« gebe, die sich auf »bestimmte Entscheidungsprozesse« auswirken würden.

Etwa zeitgleich mit dem Gespräch auf Korfu versuchte das kanadische Hilfsschiff »Tahrir«, einen Hafen auf Kreta ohne Genehmigung zu verlassen. Die »Tahrir« wurde von der Küstenwache aufgebracht und zurück in den Hafen von Agios Nikolaos gebracht, die formale Eignerin, die kanadische Jüdin Sandra Ruch, inhaftiert. Die Ereignisse auf der »Tahrir« waren zwischen den Passagieren und der Crew der »Stefano Chiarini« das dominierende Tagesgespräch. Derzeit machen auf Korfu Gerüchte die Runde, auch weitere Schiffe der Flotte wollten es der »Tahrir« gleichtun, sollten sie weiterhin von den Behörden am Auslaufen behindert werden. Der Kapitän der unter togolesischer Flagge stehenden »Stefano Chiarini«, Petros, meinte am Dienstag im Gespräch mit ND: »Ich warte einzig und allein noch auf ein Antwortschreiben der togolesischen Botschaft in Athen, das der Hafenpolizei vorliegen muss. Sobald diese diplomatische Note vorliegt, kann die ›Stefano Chiarini‹ fahren, wohin sie will.« Ein italienischer Arzt, der auf dem Schiff mitfährt, ist am Dienstag in den Hungerstreit getreten. Er wolle die Protestaktion solange fortsetzen, bis das Boot auslaufen kann.

Trotz des Verbots der griechischen Behörden ist die französische »Dignité al Karama« bereits in See gestochen. Das kleine Schiff mit acht Aktivisten an Bord habe in der Nacht zum Dienstag griechische Gewässer verlassen und sei auf dem Weg in den Gaza-Streifen, erklärten die Organisatoren. Die »Dignité« sei nicht in einem Register erfasst gewesen, so sei es gelungen, die Behörden zu umgehen, sagte Jean-Claude Lefort, Sprecher des Teams, in Paris. Hilfsgüter hat das Boot nicht geladen. Es sei am Wochenende aus Korsika gekommen und habe dann in einem Hafen abseits von Athen angelegt. Mit an Bord ist der populäre Linkspolitiker Olivier Besancenot.

Mehrere Dutzend spanische Aktivisten drangen unterdessen in das Gebäude der spanischen Botschaft in Athen ein und forderten den Botschafter auf, dafür zu sorgen, dass ihre in Kreta vor Anker liegende »Gernika« auslaufen darf. Bis dies geschehen sei, würden sie in der Botschaft bleiben, sagte ein Teilnehmer.

Ursprünglich wollten Ende Juni 14 Schiffe gemeinsam den Gaza-Streifen erreichen. Sieben Schiffen fehlen mittelfristig die Voraussetzungen zum Auslaufen. Drei Schiffe wurden bisher von der Küstenwache festgehalten. Ein Schiff ist seetüchtig und auslaufbereit, hat aber noch keine Genehmigung zum Ablegen erhalten: die »Stefano Chiarini«. Drei Schiffe sind bereits in internationalen Gewässern.

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