...vier, drei, zwei, eins – Schluss!
Letzter Start einer NASA-Raumfähre – eine allseitige Goldgräberstimmung bei neuen Projekten macht sich breit
Countdown. Seit Dienstag bereits wird heruntergezählt. Am Freitag soll die »Atlantis« abheben. Zum letzten Mal. Doch noch stellen Gewitterwolken den Starttermin infrage. Typisch, möchte man meinen, denn nicht allzu oft haben die US-Shuttles ihren Starttermin einhalten können.
Eigentlich sollte »Atlantis« gar nicht mehr zur Internationalen Weltraumstation ISS fliegen. Ihr war am Ende der Space-Shuttle-Ära die Rolle einer »Rettungsraumfähre« zugedacht, die man gebraucht hätte, wenn bei der letzten Mission etwas schiefgegangen wäre. Die »Endeavour« kam jedoch im Mai 2011 unbeschadet zurück. Da war es entschieden, die ursprüngliche Rettungscrew – Chris Ferguson, Douglas Hurley, Sandra Magnus und Rex Walheim – wird den regulären Flug STS-135 absolvieren. Doch für sie gibt es keine Rückversicherung der NASA mehr. Sollte bei der geplanten zwölftägigen Mission zur ISS etwas Gefährliches passieren, müsste man die Astronauten mit russischen Sojus-Kapseln zurückholen. Der »Atlantis«-Mannschaft hat man daher sicherheitshalber russische Sokol-Raumanzüge und maßgeschneiderte Sitze mitgegeben.
Ende der 1960er-Jahre hatte die US-Raumfahrtbehörde NASA das Konzept für wiederverwendbare Raumtransporter beschlossen. Man nutzte den Ehrgeiz von den Apollo-Mond-Missionen – und der sollte diesmal sogar bezahlbar sein. Nur 200 Dollar sollte der Transport von einem Kilogramm Nutzlast kosten. Doch allzu schnell lief alles aus dem finanziellen Ruder. Heute kostet ein Kilogramm Nutzlast mehr als 16 000 Dollar, ein Start – je nachdem, wie man rechnet – zwischen zwei und vier Milliarden Euro.
Am 12. April 1981 startete das Shuttle der USA zum ersten Mal. Der Erfolg setzte Maßstäbe. Auch die Militärs machten wieder mit, nutzten die insgesamt vier Fähren reichlich, denn Präsident Reagan hatte den »Krieg der Sterne« ausgerufen.
Die Sowjetunion wollte mit ihrem »Buran« gegenhalten. Das Projekt kam nicht einmal bis zum ersten bemannten Flug. Die USA griffen also per Fähre allein nach den Sternen des Erfolgs.
Bis zum 28. Januar 1986: 73 Sekunden nach dem »Go!« für die »Challenger« explodierte das Schiff, die sieben Besatzungsmitglieder hatten keine Chance. Die Shuttle-Flotte wurde für zwei Jahre stillgelegt, das Militär stieg aus. Auch kommerzielle Satellitenbetreiber buchten um.
1990 gelang den US-Amerikanern mit der Platzierung des Hubble-Teleskops im Weltall ein spektakulärer Erfolg. Zahlreiche wissenschaftliche Satelliten verschiedener Bestimmung wurden ausgesetzt. 22-mal flog in der Ladebucht das kosmische Labor »Spacelab« mit. US-Raumgleiter besuchten neun Mal die russische Raumstation »MIR«. Der Kalte Krieg war beendet, Kooperation angesagt. Ab 1998 halfen die NASA-Raumgleiter beim Aufbau der Internationalen Raumstation ISS. Dann – 2003 – die nächste Katastrophe. Diesmal beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. 50 Kilometer über Texas zerlegt es es die »Columbia«. Abermals starben sieben Astronauten, wieder gab es ein zweijähriges Startverbot.
Nun steht das gesamte bemannte US-Raumfahrtprogramm – exakt 42 Jahre nach dem größten US-Weltraum-Triumph – der Mondlandung 1969 – vor dem Aus. Präsident Barack Obama hat alle NASA-Nachfolgeprojekte gestoppt. Die einstige Weltraum-Supermacht kann vorerst nur Mitflüge buchen. In Russland und vielleicht ja auch irgendwann in China. Im Kennedy Space Centre werden 8000 Mitarbeiter »freigesetzt«.
Wie weiter? Während die NASA für Fernmissionen auf das raketenbasierte »Orion«-Projekt setzt, ruht die Hoffnung beim Transport von Mensch und Material zur ISS langfristig auf privaten Firmen. Was nicht bedeutet, dass der US-Steuerzahler entlastet wird. Es wird konstruiert, gebaut, getestet. Sogar erste private Raumbahnhöfe gibt es. Allseits herrscht Goldgräberstimmung. Noch hat sich die Spreu vom Weizen nicht getrennt.
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