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Zu viele Fahrer, zu große Ambitionen
Die Tour de France ist auf der Suche nach mehr Sicherheit für ihre sturzgeplagten Radprofis
Von Tom Mustroph, Le Lioran Cantal
»Den Mann sollte man sein Leben lang von der Tour ausschließen«, schäumte Jens Voigt. Der Berliner vom Radrennstall Leopard-Trek ist auch am Tag nach dem Unfall voller Zorn über den Fahrer des französischen Fernsehens, der bei der neunten Etappe der Tour de France ein kleines Massaker in der Spitzengruppe verursacht hat.
»Es sind viel zu viele Fahrzeuge im Kurs. Den ganzen Tag über wurden wir von Pkw passiert, die uns den Weg abschnitten und zur Seite drängten«, beschwerte sich auch Etappensieger Luis Leon Sanchez, der nur um Haaresbreite dem Pech seiner Ausreißerkollegen Juan Antonio Flecha (Spanien) und Johnny Hoogerland (Niederlande) entgangen war. Beide waren vom Auto des Fernsehmannes gerammt worden.
Es war bereits der zweite Crash dieser Art: Auf der fünften Etappe hatte ein Motorradfahrer den Dänen Nikki Sörensen zu Fall gebracht.
130 Fahrzeuge dürfen während des Rennens am Peloton vorbeifahren. 44 davon sind Teamautos. Hinzu kommen Presse, Organisation und VIPs. Gewöhnlich sind es die Fahrer der VIP-Gefährte, die die riskantesten Manöver ausführen, um ihren Gästen einen hautnahen Renneinblick zu geben.
Tourchef Christian Prudhomme will jetzt durchgreifen: »Wer die Anweisungen der Rennleitung missachtet, wird automatisch ausgeschlossen. An erster Stelle steht die Sicherheit der Fahrer und des Publikums. Unter allen Tourfahrzeugen ist den Autos der Teams stets Vorfahrt einzuräumen.«
Ob das die Sturzquote deutlich reduziert, ist fraglich. Denn nur zwei Stürze von mehreren Dutzend im Laufe der ersten Tourwoche wurden von Fahrzeugen ausgelöst. Der übergroße Teil wurde von schlechten Straßen, ungünstigen Witterungsbedingungen und ganz einfach zu vielen ambitionierten Fahrern verursacht.
»In diesem Jahr drücken noch mehr Klassementfahrer vorn rein als sonst. Da wird es eng und man riskiert immer mehr. Das ist wie beim Motorsport: Du versuchst, einen Vorteil zu erlangen, indem du später bremst. Und wenn es dann am Ende nicht passt, dann passt es eben nicht mehr«, erklärte Profi Danilo Hondo vom Lampre-Team.
Die Ambitionen der Fahrer kann niemand beschneiden: Die Tour de France ist das größte Rennen. Da will jeder zeigen, was er kann. Immerhin ließe sich professioneller mit den Risiken durch Wetteränderungen und Straßenzustand umgehen. Ein Safety Car wie in der Formel 1 wäre durchaus nach dem Geschmack von Jens Voigt. »Wenn es geregnet hat und die Straße glatt ist oder wenn der Regen die Sicht massiv einschränkt, könnte mit einer Safety-Car-Phase Tempo herausgenommen werden und alle kämen gut durch«, meinte der Berliner zu ND. Er schränkte aber auch ein: »In der Theorie klingt das gut. In der Praxis ist das aber schwieriger zu bewerkstelligen. Was passiert mit der Spitzengruppe? Behält die den Vorsprung oder schließen alle auf? Wie will man das gerecht organisieren?«
Zumindest ist eine Idee in die Runde geworfen. Denn dass schon sechs Prozent aller Beteiligten nach der ersten Woche wegen Stürzen nach Hause mussten, übertrifft noch die Unfallquoten von chinesischen Bergwerken. Die Organisatoren müssen etwas tun, damit die Tour ein sportlicher Wettkampf bleibt und nicht zu einem Massaker gerät.
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