Klassenfahrt Sonderbedarf?
Urteile in Kürze
Der minderjährige Gymnasiast hatte an Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekten (England und China) teilgenommen. Dafür hatte seine Mutter 1052 Euro ausgegeben. Der Schüler forderte vom (barunterhaltspflichtigen) Vater, diesen Betrag zusätzlich zum laufenden Kindesunterhalt zu übernehmen. Die Kosten der schulischen Veranstaltungen seien Sonderbedarf.
Doch das Oberlandesgericht Hamm sah das nach einem Urteil vom 21. Dezember 2010 (Az. 2 WF 285/10) anders. Nur überraschend auftretende, hohe Kosten seien als Sonderbedarf einzustufen, z. B. eine unerwartete Operation, die von der Krankenkasse nicht gezahlt werde. Klassenfahrten gehörten nicht dazu.
Als regelmäßiger Bestandteil des Schulprogramms seien die Ausgaben dafür vorhersehbar und einzuplanen. Mutter und Sohn müssten diese Kosten aus dem laufenden Unterhalt bestreiten. Das gelte für die Klassenfahrt zum Biggesee (130 Euro) und für den EnglandAustausch (200 Euro).
Die Fahrt nach China sei nicht notwendig gewesen. Geld für Sonderbedarf dürfe der Schüler vom Vater nur verlangen, wenn es darum gehe, »notwendige Lebensbedürfnisse« zu decken. Der Schüleraustausch mit China stelle jedoch ein zusätzliches Angebot der Schule dar, das weit über »normale« Schulveranstaltungen hinausgehe und sich nur an einen Teil der Schüler richtete. Anders wäre die Sache nur zu beurteilen, wenn der Vater außergewöhnlich viel verdiente. Das sei aber nicht der Fall.
Bafög auch für freiwilliges Praktikum im Ausland
u Wenn deutsche Lehrlinge ein freiwilliges Praktikum im Ausland ableisten, haben sie trotzdem ein Recht auf Bafög. Die bestehende Regelung zur Ausbildungsförderung verstoße gegen Europarecht, urteilte das Verwaltungsgericht Münster am 17. Mai 2011 (Az. 6 K 919/08).
Eine angehende Erzieherin hatte geklagt, weil sie für ein einjähriges Praktikum in den Niederlanden kein Bafög bekommen hatte. Die zuständige Behörde hatte ihr keine Förderung gewährt, weil ihr Unterrichtsplan nicht vorschreibe, dass das Praktikum im Ausland stattfinde. Das sei »eine ungerechtfertigte Einschränkung des Rechts auf Freizügigkeit nach dem EU-Vertrag«, entschied das Gericht.
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