Regierungsexperiment feiert Geburtstag
Ein Jahr Minderheitsregierung in NRW: Die CDU prophezeit ihr ein vorzeitiges Ende – Ministerpräsidentin Kraft ist zufrieden
Düsseldorf (dpa/ND). Ein Jahr rot-grüne Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen: Aus Sicht von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) arbeitet ihre Koalition stabil. Alle rot-grünen Gesetzentwürfe seien im Düsseldorfer Fünf-Parteien-Parlament »mit bunten Mehrheiten« verabschiedet worden, bilanzierte Kraft am Donnerstag. Mit der Abschaffung der Studiengebühren und zusätzlichen Mitteln für Kindergärten und Kommunen sei das Land auf einem guten Weg. »Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten sehr viel erreicht. Das hätte uns am Anfang wohl kaum jemand zugetraut.«
Oppositionsführer Karl-Josef Laumann (CDU) sieht das ganz anders. Seine Partei habe bei keiner einzigen wichtigen Gesetzesreform mit Rot-Grün gestimmt. Das bundesweit einzigartige Regierungsexperiment sei in Wirklichkeit sehr fragil: »Diese Regierung hat, wenn's schwierig wird, keine Zustimmung mehr.« Sobald die sprudelnden Steuerquellen versiegten, die Zinsen stiegen und kein neues Geld mehr ausgegeben werden könne, werde die LINKE als Mehrheitsbeschafferin ausfallen, prognostizierte der CDU-Landtagsfraktionschef.
Er geht davon aus, dass die Minderheitsregierung, der im Landtag eine Stimme zur absoluten Mehrheit fehlt, die Wahlperiode bis 2015 nicht übersteht. Allerdings will die CDU ebenso wenig wie die anderen vier Landtagsfraktionen derzeit eine Initiative ergreifen, um den Landtag aufzulösen und eine Neuwahl einzuleiten.
Entsprechend gelassen beantwortet Kraft Neuwahl-Fragen: »Solange wir handlungsfähig sind, werden wir weiterregieren.« Die komplizierten Mehrheitsverhältnisse verpflichteten Regierung und Opposition gleichermaßen, die Sache in den Mittelpunkt zu stellen. »Uns war immer klar, dass das kein einfacher Ritt wird, und Mehrheiten finden wird eine anstrengende Herausforderung bleiben.«
In Notlagen, wie bei der Landtagsabstimmung um die Zukunft der WestLB, werde die CDU der Regierung aus staatspolitischer Verantwortung helfen, versicherte Laumann. »Das ist auch für uns wirklich eine schwierige Abwägung, aber wenn es darum geht, Schaden vom Land abzuwenden, musst du das schlucken.«
Unversöhnlich stehen CDU und FDP aber Krafts Politikansatz gegenüber, auch Schulden in Kauf zu nehmen, um mit Investitionen in Bildungsgerechtigkeit, kommunale Selbstständigkeit und Armutsbekämpfung soziale Risiken zu entschärfen. »Eine wahnwitzige Vorstellung«, urteilte Laumann. »Für das Land wird das mittelfristig eine Katastrophe.«
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