CSU sieht Vermutung bestätigt
Wieder Debatte um Sicherungsverwahrung
Es waren Urteile aus Straßburg, nach denen zahlreiche Täter aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden mussten. Nun verging sich einer der Entlassenen an einem Mädchen.
Berlin (dpa/ND). Nach dem Rückfall eines entlassenen Sexualtäters sieht sich Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) bestätigt. »Es ist zu meinem Bedauern genau das eingetroffen, was Bayern, andere Länder und viele Experten befürchtet haben«, sagte die Ministerin der »Süddeutschen Zeitung«. »Meine Meinung ist, dass keiner der ehemaligen Sicherungsverwahrten frei herumlaufen darf, solange noch eine Gefahr von ihm ausgeht.«
In Dortmund war am Donnerstag ein 49-Jähriger festgenommen worden, der nach dem Ende einer monatelangen Polizeiüberwachung im Januar ein sieben Jahre altes Mädchen missbraucht hatte. Gegen den Mann erging Haftbefehl. Er war bis September 2010 in der Sicherungsverwahrung untergebracht. Dann musste er – wie andere Sicherungsverwahrte auch – wegen eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) entlassen werden. Die EGMR-Richter kritisierten, dass sich die Sicherungsverwahrung zu wenig von einer Haftstrafe unterscheidet. Zudem entschied auch das Bundesverfassungsgericht, dass die Sicherungsverwahrung bis 2013 komplett neu zu gestalten ist. Durch sie soll die Bevölkerung vor gefährlichen Tätern geschützt werden, die ihre Strafe bereits abgesessen haben.
Bund und Länder müssen die Sicherungsverwahrung nun gemeinsam reformieren – der Bund muss die »wesentlichen Leitlinien« vorgeben. Merk sagte: »Wir müssen gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium den Spielraum, den uns das Bundesverfassungsgericht gelassen hat, bis an die Grenze ausschöpfen.« Viele Täter seien weder therapiewillig noch belehrbar, so die Politikerin.
Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) hatte in der vergangenen Woche die Bundespolitik aufgefordert, bei der Reform Tempo zu machen. Einige Länder beginnen bereits mit den Vorbereitungen für eine Reform. Wie Merk erklärte, wird in Bayern eine geschlossen therapeutische Einrichtung mit 84 Plätzen geschaffen, »die sich von der Strafhaft so deutlich unterscheidet, dass wir die Vorgaben aus Straßburg erfüllen«. Kommentar Seite 4
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