Eine Hagenowerin schielt zur WM
Stabhochspringerin Martina Strutz wurde mit 29 Jahren erstmals Freiluft-Meisterin
So hatten sich die Leichtathleten einen ihrer letzten Heimauftritte fünf Wochen vor den WM in Daegu (Südkorea) nicht vorgestellt: Regen, Wind und Kühle verhinderten bei den 111. deutschen Meisterschaften in Kassel spektakuläre Leistungen und verdarben etlichen Athleten die letzte Chance, die vom DLV gesetzten Normen für ein WM-Tikket zu erfüllen.
Auch etliche Spitzenduelle blieben ungekrönt. Eine von wenigen Ausnahmen: der Stabhochsprung der Frauen. Hier hatten sich fünf Springerinnen Hoffnungen auf ein WM-Ticket gemacht – aber nur drei Startplätze stehen zur Verfügung. Zur neuen »Königin« avancierte Martina Strutz vom ESV Hagenow, die sich mit 29 Jahren ihren ersten Freiluft-Meistertitel holte.
Die angehende Polizistin ist zwar keine Unbekannte, doch bei der EM-Fünften von 2006 ging es seit ihrem Hallentitelgewinn 2007 nur bergab. »Ich wollte schon aufhören. Doch ich entschied mich anders«, schilderte sie. Und machte einen radikalen Schnitt: Im Herbst 2009 wechselte die mit vielen Tatoos und etlichen Ohrringen äußerlich auffällige Springerin den Trainer. »Thomas Schult hat einen neuen Menschen aus mir gemacht. Dieser Wechsel gab mir Selbstbewusstsein. Ich stellte mein Ernährungsprogramm um und nahm zehn Kilogramm ab«, erzählte sie.
Ihre spektakuläre Rückkehr gipfelte zwei Wochen vor den Titelkämpfen im neuen deutschen Rekord von 4,78 m. Damit löste sie Silke Spiegelburg (4,77 m/2002) ab und warf ihr den Fehdehandschuh hin. »Ich wollte es in Kassel wissen und zeigen: Ich bin wieder da.«
In einer dramatischen Sprungkonkurrenz übertraf Strutz als einzige 4,65 m und verhinderte Spiegelburgs Titel-Hattrick. Die Leverkusenerin musste wie Kristina Gadschiew (Zweibrücken/beide 4,60 m) mit den nächsten Plätzen zufrieden sein. Dieses Trio hatte schon vorher die A-Norm für die WM (4,55 m) erfüllt und das nun wiederholt, so dass es an ihrer WM-Nominierung keinen Zweifel gibt. Aus dem WM-Kandidatenkreis schieden die Mainzerinnen Anna Battke (4./4,50 m) und Carolin Hingst aus, die an der Anfangshöhe von 4,35 m scheiterte.
Martina Strutz ließ vor 15 000 begeistert mitgehenden Zuschauern die Rekordhöhe von 4,79 m auflegen – und verfehlte sie erwartungsgemäß. Nun startet die Weltranglistenerste noch bei der Diamond League in Stockholm (29. Juli) und London (5. August). »Was die Höhen anbelangt, so ist nach oben noch Luft«, blickte sie voraus. »Bei der WM will ich ins Finale und dann sehen, was rauskommt.«
Neben Strutz glänzten noch Hammer-Europameisterin Betty Heidler mit 76,04 m und ihrem siebenten Titel in Folge, Weitspringer Sebastian Bayer, der mit 8,17 m im letzten Versuch die WM-B-Norm überbot und Europameister Christian Reif (7,82 m) die Titelverteidigung verdarb, und Hammerwerfer Markus Esser mit 78,44 m.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.