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Murdoch und die Wirkungen

Die Sommerpause kommt dem britischen Premier Cameron sehr gelegen

  • Ian King, London
  • Lesedauer: 3 Min.
Premierminister luden ihn heimlich nach Downing Street Nr. 10 ein, um seinen Rat zu holen. Sein Medienreich, das über drei Kontinente reicht, wollte er bald der Familie vererben. Doch nun ist der 80-jährige Rupert Murdoch eine arg gestutzte Figur. Dabei haben wohl auch Reporter anderer Zeitungen Abhörsünden begangen.

Die erste Lehre aus dem Skandal dürften die – vor allem US-amerikanischen – Aktionäre der Murdoch-Holding Newscorp gezogen haben. Nach dem schwachen Auftritt des Seniors vor dem Unterhausausschuss des Unterhauses – Murdoch hatte mehr Aussetzer als seinerzeit Helmut Kohl – stieg zwar der Aktienkurs, aber wohl nur, weil man Murdoch als Problemfall entsorgen will. Das könnte kompliziert sein, denn mit 12 Prozent der Aktien besitzt die Familie 40 Prozent der Stimmrechte, aber Rupert ist wohl doch die längste Zeit Medienmogul gewesen.

Auch sein Sohn James, der bisher als Nachfolger galt und für den europäischen Teil des Imperiums verantwortlich zeichnet, ist angeschlagen. Zwar half er seinem Vater vor dem Ausschuss mehrfach aus der Patsche, aber wahrscheinlich mit Hilfe einer glatten Lüge. Schon 2008 wäre die Abhöraffäre nicht nur als einmaliger Ausrutscher, sondern als übliche Arbeitsmethode bei »News of the World« entlarvt worden, wenn Gordon Taylor, Sekretär des englischen Verbands der Profifußballer, seine Klage nicht hätte fallen lassen. Die »News of the World« zahlte Taylor die horrende Summe von 750 000 Euro, um sein Schweigen zu erkaufen. Vor dem Parlamentsausschuss wollte James Murdoch nichts von alledem gewusst haben. Der damalige NoW-Chefredakteur Colin Myler und Anwalt Tom Crone behaupten das Gegenteil und eine inzwischen veröffentlichte Mail gibt ihnen Recht. Wenn die Abgeordneten ihrer Aufgabe gewachsen sind, werden sie den nassforschen James noch einmal vorladen.

Den Murdoch-Sohn zu verhaften, wäre Aufgabe der Londoner Polizei, die jedoch durch die Affäre ihren Chef Sir Paul Stephenson und seinen Stellvertreter John Yates eingebüßt hat. Grund war das allzu einfache Hinübergleiten des ehemaligen Terrorismusbekämpfers Andy Hayman in den Murdoch-Dienst und des Murdoch-Angestellten Neil Wallis zur Polizei. Wenn sich Ordnungshüter als Murdochs verlängerter Arm verstehen und das Löschen von Mailbox-Nachrichten einer ermordeten 13-Jährigen nicht verhindern können, ist der Job-Verlust berechtigt.

Stephenson aber behauptet in seinem Abschiedsbrief, nichts von Wallis früherer Tätigkeit beim Medienmogul gewusst zu haben. Und er erhebt einen schweren Vorwurf nach ganz oben: Wenn ich vom unbescholtenen Wallis nichts wusste und trotzdem den Hut nehme, was ist mit David Cameron, der Murdochs geschassten NoW-Chefredakteur Andy Coulson lange Zeit als Regierungssprecher schalten und walten ließ? Der Labour-Hinterbänkler Denis Skinner forderte denn auch den Kopf des Premiers.

Nun gilt Skinner als Leichtgewicht, so weit wird’s für Cameron nicht kommen. Auch dessen Weihnachtsessen und die gemeinsamen Ausritte mit der damaligen Murdoch-Geschäftsführerin Rebekah Brooks sind keine Entlassungsgründe. Doch Camerons Urteilskraft ist durch die Nominierung und allzu lange Treue zu Coulson angekratzt; dass er den Abhörspezialisten jetzt vor Gericht sehen möchte, entspringt eher seiner Verlegenheit als besserer Einsicht. Zu einem Zeitpunkt, wo einschneidende Sozialkürzungen und eine überflüssige Reform des Gesundheitsdienstes mit kaum verhüllter Privatisierungsabsicht bevorstehen, kann sich der geschwächte Premier keine Blößen mehr leisten. Die parlamentarische Sommerpause kommt Cameron sehr gelegen. Danach planen Tory-Abgeordnete Entlastungsangriffe: Auch die Labour-nahe Boulevardzeitung »Daily Mirror« soll laut BBC-Sendung »Newsnight« mit abgehörten Nachrichten gearbeitet haben.

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