Angriff auf afghanische Provinzregierung
Taliban setzen angekündigte Anschlagsserie fort: Mindestens 25 Tote in der Ost-Provinz Parwan
Sechs Selbstmordattentäter haben am Sonntag den Amtssitz des Gouverneurs der ostafghanischen Provinz Parwan angegriffen. Dabei sollen mindestens 25 Menschen umgekommen und 37 verletzt worden sein. Die Attacke galt den Teilnehmern einer regionalen Sicherheitskonferenz.
Die Nachricht vom Attentat in Parwan findet sich natürlich auf dem News-Ticker der internationalen Schutztruppe ISAF. Allerdings hält man sich da zurück. Stattdessen gibt es viele Fotos von der Übergabe eines Gerichtsgebäudes in der Hauptstadt der Provinz Pol-e Alam. Zweistöckig, weiß, sauber, helle Konferenzräume, eine Bibliothek. Sogar Bäumchen haben die Soldaten vom tschechischen Provincial Reconstruction Team (PRT) pflanzen lassen.
Solche positiven Nachrichten der ISAF-Wiederaufbauteams nimmt die sogenannte internationale Gemeinschaft gern für sich in Anspruch. Für Bomben und Blut ist immer öfter das afghanische Innenministerium allein zuständig. Schließlich übergibt die ISAF ja schrittweise die Macht, die sie noch hat, an die Regierung in Kabul. Die vermeldete gestern, wie die Selbstmordattentäter den Gouverneurssitz angegriffen haben. Einer der Attentäter habe sich vor dem Eingang des Gouverneurssitzes in einem mit Sprengstoff beladenen Auto in die Luft gesprengt. Anschließend stürmten fünf weitere den Komplex. Sie hofften offenbar, auch Provinzgouverneur Basir Salangi zu erwischen. Doch der entkam. Im Gegensatz zu vielen Angestellten der Provinzregierung.
Die afghanischen Behörden vermelden, dass drei der Angreifer von Sicherheitskräften erschossen wurden, die anderen hätten sich durch am Körper angebrachte Sprengsätze selbst getötet.
Während Afghanistans Präsident Karsai den Anschlag mit inzwischen gewohnter Routine verurteilte, bekannten sich die Taliban zu der Tat. Sprecher Sabiullah Mudschahid sagte, Ziel sei ein Treffen von Vertretern der afghanischen Behörden und der internationalen Truppen gewesen.
Bereits beim Angriff auf den Sitz des Gouverneurs im nordafghanischen Talokan Ende Mai, bei dem der mächtige Polizeigeneral Daud Daud getötet und der ISAF-Kommandeur Nord, Bundeswehrgeneral Markus Kneip, verwundet worden waren, hatte Sabiullah Mudschahid eine ganze Kampagne zur Ermordung ranghoher Beamter angekündigt. Auf diese Weise schafft man Tatsachen für die Zeit nach dem Abzug der NATO-Truppen, der bis 2014 erfolgt sein soll.
Bei einem Bombenanschlag in der südlichen Unruheprovinz Helmand starben unterdessen fünf Mitglieder einer Familie. Ihr Auto sei am Samstag von einem Sprengsatz getroffen worden. In der Provinz Wardak südwestlich von Kabul wurden zudem nach offiziellen Angaben die Leichen von drei Geheimdienstleuten und fünf Polizisten entdeckt, die zuvor von Taliban entführt worden waren. In Wardak hatten die Taliban in der Vorwoche einen Militärhubschrauber abgeschossen und dabei 30 US-Elitesoldaten und acht Afghanen getötet.
Am Sonntag wurde 22 Kilometer westlich des Regionalen Wiederaufbauteams Kundus eine Bundeswehrkolonne durch eine improvisierte Sprengfalle attackiert. Die Mine detonierte zwischen dem zweiten und dritten Fahrzeug, richtete aber laut Bundeswehr keinen Schaden an. Seite 5
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.