Junior Programmierer gesucht
Elektronik-Spielemesse Gamescom erwartet 250 000 Besucher
Gigantische rote Kissen der Marke »Fatboy«, Stückpreis: 299 Euro, laden zum Verweilen ein. Darauf fläzen sich mehr oder minder junge Menschen meist männlichen Geschlechts und surfen, ihre Nachbarn ignorierend, auf selbst mitgebrachten Kleingeräten im Internet. Durch ein gut vier Meter hohes eiförmiges Gebilde mit einem ebensolchen Loch in der Mitte plätschert ein künstlicher Wasserfall. Darüber schwebt ein weißes, stilisiertes »A« im roten Kreis. »A« wie Arbeitsagentur. Alles sehr entspannt hier – eine Oase im allgemeinen bunten, lauten, schrillen Treiben, das ringsherum herrscht.
Auch die Behörde präsentiert sich auf der Gamescom, der weltgrößten Messe für interaktive Unterhaltungselektronik, der jährlichen Leistungsschau für Computerspiel und Artverwandtes in den Kölner Messehallen. Aber nicht, um wie noch im letzten Jahr junge Menschen davor zu warnen, dass Daddeln statt Berufsausbildung die Karriere gefährden kann. Nein, die sich cool gebenden Herren und Damen Bürokraten sind hier, weil die E-Spiele-Branche wächst und gedeiht und händeringend Arbeitskräfte sucht. Zumindest ein paar hundert: Vom »Junior Game Programmer« über den »QA-Tester«, der die Produktqualität sicherstellen soll, bis hin zum Sound Designer. Aber auch Juristen und BWLer. Gegenüber der Arbeitsagentur befindet sich der Stand des »gamescom Jobs & Karriere«-Fo- rums.
Die Spielebranche ist längst umsatzstärkster Part der Unterhaltungsindustrie, sie hat ihren Umsatz innerhalb von fünf Jahren auf knapp elf Milliarden Euro veranderthalbfacht und damit Film-, Video- und Musik-Industrie überrundet. Gedaddelt wird heute meist auf Spielkonsolen wie Sonys Playstation oder Microsofts Xbox. Der PC hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung verloren, das mobile Endgerät nie wirklich gewonnen.
Der Trend geht zu Browser- und Online-Games. Hier verzeichnet die Branche ein starkes Wachstum, während sie ansonsten auf hohem Niveau stagniert oder, wie in den USA, zuletzt starke Umsatzverluste beklagte.
Meist sind die Basisversionen dieser Onlinespiele kostenlos, Gewinn erzielt wird durch Extras und Luxusvarianten. Auch die Wertschöpfungskette ist eine andere: Der Nutzer zahlt direkt an den Entwickler. Bei Spielen, die der Kunde per Download erwirbt, verdienen noch Distributionsplattformen mit. Bei verkauften Datenträgern auch (Einzel-)Händler und, vor allem, das vermarktende Unternehmen. Dieses Geschäftsmodell schaltet den Zwischenhandel aus und ist damit attraktiver für die Kunden, die weniger zahlen, wie für Entwickler, bei denen trotzdem mehr Geld ankommt.
300 neue oder aufgemotzte Spiele werden noch bis zum Sonntag auf der Gamescom präsentiert. Das südkoreanische Unternehmen LG zeigt den ersten auch für Endkunden erschwinglichen 3D-Monitor, dessen Effekte ohne Spezialbrille genossen werden können. Durchaus faszinierend ist das Steuerungsinstrument Kinect für die Konsole Xbox360: Das Microsoft-Produkt kann mittlerweile über optische und akustische Sensoren die Kopf-, Arm- und Bein-Bewegungen von bis zu sechs Spielern erfassen, die dann im Spiel weiter verarbeitet werden.
Konkurrent Nintendo lässt derweil ein bizarres Spiel vorführen, bei dem man virtuelle Steine über virtuelle Seen hüpfen lassen kann. Möge keiner den potenziellen Kunden sagen, dass man solche Späße auch ganz umsonst haben kann. Draußen, in der Natur.
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