Wenn ein Mangel trotz Meldung an den Vermieter nicht beseitigt wird
Zurückbehaltungsrecht des Mieters
Als Mangel werden nicht nur der Mietsache selbst anhaftende Beeinträchtigungen angesehen, sondern auch solche, die aus der Umwelt resultieren. Dazu gehört zum Beispiel während der Mietzeit neu auftretender Baulärm in der Umgebung. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Vermieter dafür verantwortlich ist oder nicht. Einzig und allein zählt bei der Beurteilung eines Mangels die Abweichung vom vertragsgerechten Zustand der Wohnung.
Tritt ein Mangel auf, erhalten Mieter automatisch, »kraft des Gesetzes«, das Recht, die Miete selbstständig und angemessen zu mindern (wenn der Mangel nicht vom Mieter selbst verursacht wurde). Die Minderung muss weder beantragt noch vereinbart werden. Voraussetzung ist aber in jedem Fall, dass der Vermieter unverzüglich und möglichst schriftlich vom Mangel informiert wurde. Unterlässt der Mieter die Mangelmitteilung, entfällt sein Recht auf Mietminderung. Der Hintergrund: Ein Mangel, den der Vermieter nicht kennt, kann von ihm nicht beseitigt werden.
In dieser Hinsicht ist eine mit dem neuen Mietrecht vom 1. September 2001 vorgenommene Änderung zu beachten: War es bisher in der Rechtsprechung üblich, dass Mieter ihr Minderungsrecht endgültig verlieren, wenn sie den Mangel sechs Monate lang widerspruchslos hingenommen haben, ohne ihn anzuzeigen oder die Miete zu mindern, ist das jetzt anders. Der BGH hat am 16. Juli 2003 (Az. VIII ZR 274/02) festgestellt, dass dies nicht zwingend den Verlust der Gewährleistungsrechte für den Mieter zur Folge hat. Das Minderungsrecht geht also nicht verloren. Danach ist ein Mieter allerdings nur dann nicht berechtigt, die Miete zu mindern, solange er den Mangel nicht angezeigt hat.
Was kann ein Mieter unternehmen, wenn trotz seiner Mangelanzeige (möglichst mit Fristsetzung, bis wann der Mangel behoben werden soll) der Vermieter seiner Pflicht zur Mangelbeseitigung nicht nachkommt? Dann ist der betroffene Mieter entsprechend der Rechtsprechung des BGH berechtigt, neben der Mietminderung auch die Miete zurückzuhalten. Ging der BGH bisher davon aus, dass das drei- bis fünffache der Kosten der Mangelbeseitigung dafür angesetzt werden könne, vertritt er nunmehr die Auffassung, dass die Miete in vollem Umfang zurück gehalten werden könne, wenn dies nicht völlig unangemessen im Verhältnis zum Mangel ist.
Wenn der Vermieter dann aber den vertragsgemäßen Zustand wieder hergestellt hat, muss die bis dahin einbehaltene Miete, ohne den Anteil einer berechtigten Minderung, wieder zurückgezahlt werden.
Mietanteile, die wegen einer berechtigten Mietminderung vom Mieter nicht bezahlt wurden, können auch nach Beseitigung des Mangels nicht zurückgefordert werden.
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