»Das Auge« ist nicht überall erlaubt
Überwachungskameras auf Grundstücken
Gerade im Bereich der Videoüberwachung gelten strenge Vorschriften. Keinesfalls dürfen die Persönlichkeitsrechte von ahnungslosen Passanten verletzt werden. Kollidieren die Interessen von Grundstückseigentümern und »Überwachten«, dann entscheidet sich die Justiz häufig gegen die lückenlose Beobachtung und für die Bürgerrechte. Die Landesbausparkassen (LBS) hat einige Fälle zu dem Thema gesammelt.
• Grundsätzlich wird Hauseigentümern von der Justiz zwar nicht das Recht bestritten, dass sie ein Videoüberwachungssystem installieren, aber es muss durch eine Beschilderung auf die Überwachung hingewiesen werden. Das Amtsgericht Berlin-Mitte (Az. 16 C 427/02) machte einem Grundstücksbesitzer dementsprechend strenge Auflagen. Erlaubt sei lediglich das Filmen der Geschehnisse in einem schmalen Streifen entlang der Hauswand, hieß es im Urteil. So könne einerseits die Sicherheit gewährleistet werden, andererseits sei kein unbeteiligter Dritter zu erkennen.
• Der deutliche Hinweis auf Videoaufnahmen verbessert die Chancen bei einer späteren gerichtlichen Auseinandersetzung deutlich. Doch auch dieses Vorgehen reicht nicht immer aus, eine Überwachung zu rechtfertigen, wie das Amtsgericht München (Az. 423 C 34037/08) entschied. Zwar hätten sich die Mieter dank einer vorherigen Information des Eigentümers auf das Kameraauge über dem Eingang einstellen können. Aber für einen solchen Eingriff müsse schon eine bessere Begründung vorhanden sein als ein vager Verdacht auf künftige Straftaten. Denn es sei wichtig, dass Hausbewohner unüberwacht Besuch empfangen oder selbst kommen und gehen könnten.
• Innerhalb einer Immobilie muss sich normalerweise niemand fotografieren lassen. Hier überwiegen nämlich die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen. Werden allerdings in einem öffentlichen Gebäude Aufnahmen erstellt und hat der Fotograf klar vernehmbar um ein Zeichen des Widerspruchs gebeten, wenn jemand nicht mit auf das Bild möchte, dann sollte man seine Meinung auch klar zum Ausdruck bringen. Das Landgericht Bochum (Az. 8 O 214/06) wies jedenfalls die Schmerzensgeldklage einer Frau zurück, die nicht rechtzeitig reagierte und sich in ihren Persönlichkeitsrechten schwer verletzt sah.
• Ein Fachbetrieb für Sicherheitstechnik, der ständig mit Videoüberwachungen zu tun hat, sollte seine Kunden auf die damit verbundenen juristischen Aspekte hinweisen. Vor allem ist es seine Pflicht, an die Rechte möglicherweise gefilmter Nachbarn zu erinnern. Ist allerdings die Firma bei der Anbringung der Kameras korrekt vorgegangen und hat sie öffentliche und fremde private Flächen aus dem Blickwinkel der Objektive genommen, dann kann sie nach Ansicht des Bundesgerichtshofes (Az. VI ZR 176/09) bei späteren Klagen gegen den Betreiber der Anlage nicht in Anspruch genommen werden.
• Schärfste rechtliche Anforderungen gelten, wenn im privaten Bereich heimliche Videoaufnahmen gefertigt werden sollen, zum Beispiel zur Überführung eines Straftäters. Hier gilt Verhältnismäßigkeit. Das heißt, es darf nicht ein vergleichsweise niedrig anzusiedelndes kriminelles Verhalten mit einer umfassenden Ausspähung »beantwortet« werden. Das Oberlandesgericht Köln (Az. 24 U 12/05) verwarf aus diesem Grunde heimlich erstellte Aufnahmen eines Vermieters aus der Waschküche, der damit einer Mieterin eine Sachbeschädigung an den Waschmaschinen nachweisen wollte. »Das rechtswidrig erlangte Videoband durfte nicht in Augenschein genommen werden«, so das Urteil.
• Die vorsorgliche Überwachung eines Kfz-Stellplatzes mit Hilfe einer Videokamera ist höchst problematisch. Ein Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft hatte vom Balkon aus den Parkplatz gefilmt, um mögliche Beschädigungen des eigenen Autos zu dokumentieren oder Täter abzuschrecken. Dadurch fühlte sich ein Nachbar gestört, der auf dem Weg zu seinem eigenen Pkw wider Willen ins Visier der Kamera geriet. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. I-3 Wx 199/06) gab ihm Recht bei seiner Beschwerde. Der Nachbar könne ja nicht einmal nachprüfen, ob und wann die Aufzeichnungen wieder gelöscht würden, argumentierten die Richter unter anderem.
• Auch Schmierereien im Hausflur reichen nicht für die dauerhafte Anbringung zweier Videokameras. Eine Vermieterin hatte sich über derartige Sachbeschädigungen geärgert und den Mietern gegenüber die Installation der Kameras angekündigt. Niemand beschwerte sich. Später, als dann die Überwachung bereits lief, ordnete das Kammergericht Berlin (Az. 8 U 83/08) auf die dann doch erfolgte Klage einer Mieterin die Entfernung der Objektive an. Hier seien Persönlichkeitsrechte wichtiger als Entlarvung von Schmierern.
• Der Schutz vor Kameras ist aber nicht grenzenlos. »Die Veröffentlichung von Fotos eines Wohnhauses stellt keinen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht dar«, urteilte das Landgericht Köln (Az. 28 O 578/09) in einem Zivilprozess. Eine Internetplattform hatte einzelne Aufnahmen von Häusern, Straßen und Plätzen präsentiert. Eine Anwohnerin klagte dagegen. Die Richter kamen aber zu dem Ergebnis, dass auf den Fotos auch nicht mehr zu sehen sei, als ohnehin jeder an dem Anwesen vorbei gehende Passant erkennen könne. Problematisch wäre lediglich eine Verknüpfung der Aufnahmen mit den Namen der Hauseigentümer, doch das war hier nicht der Fall gewesen.
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