Kein Goldfisch

Yoshihiko Noda / Der neue Ministerpräsident Japans steht vor schwierigen Aufgaben

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit großer Mehrheit hat das japanische Parlament am Dienstag in Tokio Yoshihiko Noda zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Am Tag zuvor war der bisherige Finanzminister in der regierenden Demokratischen Partei (DPJ) zum Nachfolger von Naoto Kan als Parteichef bestimmt worden. Noda tritt ein schwieriges Erbe an, denn die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt stöhnt unter dem größten Schuldenberg aller Industriestaaten: Er hat inzwischen über 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht.

»Ich bin nicht elegant und mein Aussehen ist nicht mein Verkaufsargument«, beschreibt sich der 54-Jährige selbst. Er sei nun mal »kein Goldfisch«. In der Tat gilt Noda nicht als medienwirksamer Charismatiker. Der eher blass wirkende Finanzexperte verkauft sich dafür gern als bodenständiger Macher ohne Allüren und geschickter Vermittler. Doch dass die Wahl zum neuen Spitzenmann der Demokraten am Ende auf den zweifachen Familienvater fiel, war nach Einschätzung von politischen Beobachtern letztlich vor allem eine Folge des parteiinternen Machtgerangels. Noda wird dem konservativen Flügel der DPJ zugerechnet. So nahm er kürzlich verurteilte japanische Kriegsverbrecher in Schutz und favorisiert eine starke Allianz mit den USA.

Der Sohn eines Fallschirmjägers hat an der renommierten Schule für Politikwissenschaften und Wirtschaft der Waseda-Universität studiert und einen Abschluss des Matsuhita-Instituts für Regierung und Management. Seine politische Karriere, die mit 29 auf kommunaler Ebene in seiner Heimat Chiba, der Nachbarprovinz Tokios, begann, führte ihn bis zum Amt des Finanzministers. Seit Juni 2010 versuchte Noda allerdings vergeblich, der Krise Japans Herr zu werden. Auch seine direkten Eingriffe in die Finanzmärkte, um die dramatische Verteuerung des Yen zu stoppen, brachten wenig.

Nun setzt er vor allem auf eine Erhöhung der Verbrauchssteuer, um die enormen Staatsschulden abzubauen, und will auch an der Atomenergie festhalten. Seine erste Aufgabe sei es aber herauszufinden, ob die DPJ das Vertrauen der oppositionellen Liberaldemokraten (LDP) gewinnen könne – für eine engere Zusammenarbeit in schwierigen Zeiten.

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