Polens »dritte Kraft« im Schatten
Die Linksdemokraten im Wahlkampf
Hauptmatadoren sind, versteht sich, zwei aus dem Solidarnosc-Milieu hervorgegangene Rechtsparteien: die um Machterhalt ringende Bürgerplattform (PO) und die wieder an die Macht strebende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). In deren Schatten versucht sich das Bündnis der Demokratischen Linken (SLD) der Wählerschaft als Alternative darzustellen – als dritte Kraft, und zwar als linke.
Zwischen 8 und 9 Prozent werden der Partei in den gegenwärtigen Wählerbefragungen zugetraut. »Wir marschieren an die Macht«, verkündete dessen ungeachtet am vergangenen Sonntag auf einem Wahlkonvent in Lodz ihr Vorsitzender Grzegorz Napieralski. Das SLD verfüge über bessere Leute, habe ein gutes Programm für Polen und die Wahllosung »Für ein sicheres Morgen« wirke hervorragend auf die Bevölkerung, versprach der Parteichef seiner Gefolgschaft. Noch im Sommer spielte Napieralski auf der volkstümlichen Saite: Er ging Pilze sammeln, streichelte Kinder und verteilte Äpfel vor Werkstoren. Jetzt aber gibt er sich als polnischer Staatsmann. Viele Linke schmunzeln dazu.
Eines muss man Napieralski lassen: Bei der Aufstellung der Kandidaten ließ er sich wenig reinreden. »Wir sind in der Meisterliga«, verkündete er und stellte an die Spitze der regionalen Listen meist nicht oder nur wenig bekannte Mitarbeiter seines Teams. Vertreter etlicher gesellschaftlicher Kreise, die auf natürliche Weise zum linken Spektrum neigen, ließ er im Regen stehen: die in der Frauenpolitik gewandte und in Feministinnenkreisen hoch geschätzte Wanda Nowicka, den intelligenten Robert Biedron aus der Homosexuellenszene, den energischen Wlodzimierz Czarzasty, der aktive Mitglieder des Sozialistischen Studentenbundes organisierte, den linksorientierten Rechtsanwalt Jan Widacki und weitere namhafte Persönlichkeiten, darunter Expremier Jozef Oleksy. Einige von ihnen wurden auf hintere Listenplätze geschoben und lehnten daraufhin eine Kandidatur für das SLD ab.
Dafür schloss Napieralski eine »taktische Allianz« mit dem Präsidenten des Arbeitgeberverbandes »Business Centre Club«, Marek Goliszewski, und erkor den ehemaligen Ministerpräsidenten Leszek Miller zu seinem Mentor. Miller hatte das SLD als Partei- und Regierungschef zwischen 2001 und 2004 von 41 Prozent der Stimmen auf 11 Prozent heruntergewirtschaftet. Danach ließ er sich als Liberaler feiern, kandidierte erfolglos für die bäuerliche »Selbstverteidigung« und trat 2010 wieder in das SLD ein.
Andererseits schien Napieralski durchaus zufrieden, als die PO den SLD-Mann Bartosz Arlukowicz anwarb und der ehemalige SLD-Minister Dariusz Rosati ebenfalls ins Lager von Regierungschef Donald Tusk überlief. Ein ganz besonderer Fall ist der des Jozef Pinior aus Wroclaw: zuerst Trotzkist, dann Anarchist, darauf Demokrat, ist er jetzt als »linker Rechter« in der PO gelandet.
Die »Konfitüre« der Machtteilhabe möchte wohl auch Napieralski genießen: Er rechnet damit, dass seine »dritte Kraft« für Donald Tusk unentbehrlich sein wird, wenn der nach dem 9. Oktober weiter regieren will. Manche meinen, er würde – wenn’s darauf ankäme – auch in einer Koalition mit der PiS gern Vizepremier werden.
Waclaw Martyniuk, ein linker SLD-Mann, der bereits vor zwei Monaten das Handtuch warf, kommentierte: »Linke Politik ist mit dieser Mannschaft nicht mehr zu machen. Die wissen ja gar nicht, wer sie sind.«
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