Werbung

Haushalt mit zahlreichen Risiken

Der Bundestag debattiert über den Etatentwurf von Schwarz-Gelb

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat dem Bund mit ihrem Etatentwurf eine »strikte Haushaltsdisziplin« verordnet. Politiker der Opposition kritisieren fehlende Investitionen, die auch über höhere Steuern für Spitzenverdiener und Vermögende finanziert werden könnten.

Wolfgang Schäuble ist sichtlich bemüht, Zuversicht auszustrahlen. Der Finanzminister war gestern zu Beginn der insgesamt viertägigen Haushaltsdebatte im Bundestag voll des Eigenlobes für die Wirtschaftspolitik der schwarz-gelben Bundesregierung, die dazu geführt habe, dass sich die deutsche Wirtschaft nach dem Konjunktureinbruch infolge der Krise wieder erholt habe. Dies ermögliche nun einen Etat, der zugleich wachstumsfreundlich und Ausdruck einer »strikten Haushaltsdisziplin« sei, so Schäuble. Neuen Konjunkturprogrammen gegen das sich wieder abschwächende Wirtschaftswachstum erteilte er eine Absage: »Kurzfristige Nachfragestimulierungen werden nicht helfen.«

Schäuble geht davon aus, dass die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr um drei Prozent wachsen werde. Aber auch er weiß, dass der derzeitige Aufschwung schnell wieder vorbei sein kann, wenn sich die Schuldenkrise in den USA und in der Europäischen Union weiter verschärfen sollte. Zumindest in der EU sehen die Perspektiven nicht besonders rosig aus: Die »Rettungspakete« für das hoch verschuldete Griechenland hatten bisher jedenfalls nicht den erhofften Erfolg gebracht und Ansätze für ein Umdenken sind weder bei Bundeskanzlerin Angela Merkel noch bei Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu erkennen.

»Von unseren Exporterfolgen hängen unsere Arbeitsplätze ab«, rief Schäuble trotzig den Abgeordneten zu. Und als er ein Plädoyer für die Beibehaltung der Währungsunion hielt, war sogar aus den Reihen der Grünen und der SPD Klatschen zu vernehmen.

Der Finanzminister meint, dass der Haushalt zur weiteren positiven wirtschaftlichen Entwicklung in der Bundesrepublik beitragen werde, weil er Vertrauen bei Anlegern und Investoren schaffe.

Oppositionspolitiker zweifeln jedoch daran, dass diese Ziele umgesetzt werden können. Die Grünen-Abgeordnete Priska Hinz forderte, die Bundesregierung müsse eine echte Haushaltskonsolidierung anstreben, statt sich nur auf der guten konjunkturellen Entwicklung auszuruhen. »Schwarz-Gelb diskutiert einfach weiter über Steuersenkungen, obwohl dies dem Geist der Schuldenbremse widerspricht«, monierte Hinz.

SPD-Fraktionsvize Joachim Poß sagte, Schäuble sei »ein Schönrechner und Schönredner«. Denn dieser unterstelle, dass Deutschland sechs Jahre starkes und stetiges Wachstum haben werde. Der haushaltspolitische Sprecher der Fraktion, Carsten Schneider, wies darauf hin, dass keineswegs konsequent gespart, sondern mit diesem Etat die dritthöchste Neuverschuldung in der Geschichte der Bundesrepublik festgelegt werde.

Die Sozialdemokraten hatten kürzlich ein eigenes Steuer- und Finanzkonzept vorgelegt. Die zuvor angestrebten Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen sind darin aber nicht enthalten. Dies brachte Volker Wissing von der bekanntermaßen nicht gerade arbeitnehmerfreundlichen FDP auf die Idee, sich selbst als Vertreter der Werktätigen darzustellen. Er warf der SPD vor, die Arbeitnehmerschaft in Deutschland zu verraten. Auch die von den Sozialdemokraten geplanten Steuererhöhungen dürften ihm keineswegs gefallen haben. Die SPD will Ausgaben in Bildung, den Sozialstaat und Kommunen auch durch Steuern für Spitzenverdiener ab einem Einkommen von 100 000 Euro von 49 Prozent, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine höhere Erbschaftssteuer finanzieren.

Forderungen, die sich in ähnlicher Form auch bei der LINKEN wiederfinden. Deren Parteichefin Gesine Lötzsch erinnerte daran, dass aus der Wirtschaftskrise nicht die richtigen Konsequenzen gezogen wurden. »Weder wurden die Finanzmärkte reguliert, noch Steueroasen ausgetrocknet oder die Krisenverursacher zur Kasse gebeten«, monierte Lötzsch. Die schwarz-gelbe Koalition werde vielmehr in der Bevölkerung zunehmend als »Steuereintreiberin für Banken und Spekulanten« wahrgenommen, die unsoziale Kürzungsprogramme durchsetze und sich einem gesetzlichen Mindestlohn verweigere. Die Folge sei, dass bereits die nächste Wirtschaftskrise auf die Bundesrepublik zurolle.

Foto: dpa

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -