Rücktrittsrufe an Maliki

Irakische Regierung sieht sich erneuter Protestwelle ausgesetzt

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Das US-Verteidigungsministerium befürwortet eine weitere Präsenz von US-Soldaten in Irak auch nach dem offiziellen Abzugsdatum Ende des Jahres. Bis zu 4000 US-Soldaten sollen im Zweistromland verbleiben.

Tausende Menschen protestierten am Freitag in Irak erneut gegen die Politik von Ministerpräsident Nuri al-Maliki. Während irakische Medien von »massiven Demonstrationen« sprachen, berichte der katarische Nachrichtensender Al Dschasira von Hunderten Demonstranten in verschiedenen Städten des Landes. Etwa 500 seien es in Basra, 750 in Hilla und 100 in Najaf gewesen, die vor allem gegen Korruption, Arbeitslosigkeit und für eine bessere Grundversorgung protestiert hätten, so der Sender. Auf dem zentralen Tahrir-Platz in Bagdad hätten sich rund 300 Menschen versammelt, der Zugang zum Regierungsviertel »Grüne Zone« sei abgeriegelt gewesen.

Jugendgruppen, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften und Parteien hatten seit Tagen zu den Protesten unter dem Motto »Wir fordern den Rücktritt der Regierung« aufgerufen. Der populäre Prediger Muktada Sadr hatte Maliki allerdings eine »letzte Frist« eingeräumt, seine Versprechen einzulösen. Sonst würden die Proteste zu einer dauerhaften Erscheinung werden. Seine Partei könne im Parlament einen Misstrauensantrag stellen, drohte Sadr Anfang der Woche. Die Sadr-Bewegung hat 40 Abgeordnete im irakischen Parlament, das insgesamt 325 Sitze hat. In der Regierung ist sie mit sechs Ministern vertreten.

Überschattet wurden die Proteste vom Mord an dem populären Radiomoderator Hadi al-Mahdi, der am Donnerstag in seiner Wohnung erschossen worden war. Mahdi gehörte zu den zentralen Figuren der Freitagsproteste, die im Februar begonnen hatten und von Maliki mit massiver Gewalt bekämpft worden waren. Zusammen mit drei anderen Journalisten war Mahdi damals festgenommen und gefoltert worden. Seitdem hatten die Drohungen gegen ihn nicht aufgehört. Wenige Stunden vor seinem Tod notierte er auf seiner Facebook Seite: »Es gibt jemanden mit falschem Namen, der auf Facebook erscheint und mich bedroht.« Erst am 9. August hatte das irakische Parlament ein Gesetz zum besseren Schutz für Journalisten verabschiedet.

Mahdi ist das dritte Opfer einer offenbar gezielter Morde an der irakischen Bildungselite. Anfang der Woche war in Kirkuk ein bekannter Neurologe mit seinem Bruder in Kirkuk erschossen worden, Ende August in Bagdad Professor Hussein Kadhem. Seit der völkerrechtswidrigen Invasion Iraks 2003 wurden Hunderte Ärzte, Naturwissenschaftler und Professoren ermordet. Tausende haben den Irak verlassen.

Maliki hat sich in den vergangenen Monaten vor allem mit Versprechungen über Wasser gehalten. Während Anschläge im Fastenmonat Ramadan mehr als 300 Menschen das Leben kosteten, befasste sich die politische Elite mit der Frage des US-Militärs im Lande nach diesem Jahr. Der Präsident der kurdischen Autonomiegebiete in Nordirak, Massud Barzani hat die Zentralregierung aufgefordert, das Abkommen mit den USA zu verlängern. Die Soldaten sollten helfen, sowohl ausländische Einmischung als auch einen Bürger- oder Religionskrieg in Irak zu vermeiden. Die irakischen Truppen seien nicht in der Lage, Sicherheit für das Land zu gewährleisten.

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