EU-Europa rüstet Grenztruppen hoch
Integriertes System der Flüchtlingsabwehr – Parlament beschloss FRONTEX-Reform
FRONTEX, die gemeinsame Grenzagentur, hat seit ihrer Installierung 2004 solide Arbeit geleistet. Vor allem bei der Abwehr von Flüchtlingen, die EU-Europa nach Ansicht der FRONTEX-Protagonisten sonst »überschwemmt« hätten. Aus zumeist bilateralen Absprachen zwischen Grenzschützern wurde eine schlagkräftige Organisation. Nicht nur, weil das Jahresbudget von sechs Millionen Euro im Jahre 2005 auf fast 90 Millionen Euro in diesem Jahr angewachsen ist.
Und dennoch, immer wieder kam es zu Kompetenzstreitereien zwischen der EU-Grenzbehörde und nationalen Polizeien. Ab 2012 ist damit Schluss. Nach jahrelangem Streit zwischen den Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission haben die Europa-Abgeordneten ein erweitertes Mandat und noch mehr Geld für die EU-Grenzbehörde beschlossen. Man will deren Rolle stärken, um ein – wie es heißt – »Konzept des integrierten Grenzschutzes« schrittweise umzusetzen. Dazu will man vor allem die »operativen Kapazitäten« der Agentur erweitern. Aus den bisherigen »Gemeinsamen Unterstützungsteams« werden feste Trupps von »Europäischen Grenzbeamten«. Sie werden auf EU-Ebene nach allgemeingültigen Grundlagen fit gemacht. Man bietet entsprechende Aus- und Weiterbildungen sowie Austauschprogramme an. Dazu kommen verbesserte IT-Systeme. Erstmals wird FRONTEX nicht mehr auf Material angewiesen sein, das von den Mitgliedsstaaten für einen bestimmten Zeitraum zur Verfügung gestellt wird. Europas »Grenztruppen« dürfen demnächst zusätzlich Hubschrauber, Boote und anderes Gerät kaufen oder leasen.
Demnächst können EU-Staaten Anfragen der Grenzschutzbehörde nach materieller oder personeller Hilfe nicht mehr ablehnen. Fragwürdig ist weiter die Rechtsgrundlage für den Einsatz von FRONTEX-Einheiten. Jeder Einsatz von Zwangsmitteln, so heißt es, solle im Einklang mit nationalen Rechtsvorschriften des Einsatzlandes stehen. Dass die Standards höchst verschieden sind, ist offenkundig. Den Rechtsaußen im EU-Parlament geht der Ausbau von FRONTEX nicht schnell genug. Cornelia Ernst von den Linken dagegen meint, die Agentur verfolge »im Kern eine falsche Politik« gegenüber Flüchtlingen in Europa, die nicht nur wegen politischer Verfolgung, sondern auch aus wirtschaftlichen Erwägungen, aus Gründen von Hunger, von Bürgerkriegen, Klimakatastrophen ihr Land verlassen. Ernsts Mahnung, es gebe keine »illegalen Menschen«, verhallte.
FRONTEX wird demnächst einen Beauftragten für die Wahrung der Menschenrechte ernennen. Kommt es zu Verstößen gegen die Rechte von Einwanderern, müssten Einsätze abgebrochen werden. Menschenrechtsorganisationen sollen beratend mitwirken und jährlich einen Bericht verfassen
Die einstige deutsche Amnesty-International-Chefin Barbara Lochbihler, nun Europa-Abgeordnete der Grünen, sieht auch deshalb deutliche Verbesserungen gegenüber dem bislang geltenden FRONTEX-Mandat. Sie hebt die menschenrechtspolitische Ausbildung der europäischen Grenzwächter hervor. Doch sie bedauert zugleich, dass es keine unabhängigen Beobachter geben wird, die FRONTEX-Einsätze begleiten.
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