Die Schmerzen kamen nicht zurück
ND-Sportlerin des Jahres Jenny Wolf schuftet hart für die Erfolge im Winter
Die Leichtathletikhalle ist riesig, selbst Weltmeisterinnen wirken darin klein. Es ist 9 Uhr morgens und für Spätsommertage ziemlich kühl in Berlin-Hohenschönhausen. Trainieren möchte man hier eigentlich nicht. »Spaß? Naja. Es muss ja. Besonders lustig finde ich das nicht«, gibt Jenny Wolf zu. »Aber man merkt ja schnell, dass es was bringt.«
Im Sommer wird der gute Wintersportler gemacht, sagt der Trainer, also trainiert Eisschnellläuferin Jenny Wolf über drei Stunden lang, bevor es zur Uni geht. Sechs Tage die Woche. Ohne Schlittschuhe. Da ist die Berlinerin für jede Abwechslung dankbar. Für die heutige haben die Leser von Neues Deutschland gesorgt, die sie Ende des vergangenen Jahres zur ND-Sportlerin des Jahres gewählt hatten, und nun bekommt Wolf den Pokal überreicht – endlich.
Sympathie war der entscheidende Faktor bei der Wahl Wolfs, die sich gegen die Doppelolympiasiegerinnen Magdalena Neuner und Maria Riesch durchgesetzt hatte. Immer ein Lächeln, immer freundlich, immer ehrlich, genau wie jetzt. Morgens um neun in der Trainingshalle.
Während Claudia Pechstein mit ein paar männlichen Kollegen ihre Runden dreht, geht Wolf in einen Nebenraum. Wer ihr folgt, erschrickt schnell. Mit unglaublicher Geschwindigkeit fliegen schwere Hanteln unter großem Getöse in die Luft und wieder auf den Boden. Der ND-Redakteur bekommt schon beim Hinsehen Krämpfe, doch Wolf klagt nicht. Sie ist froh, dass alles gut läuft. In den vergangenen Jahren begannen stets beim Einstieg ins Hanteltraining die Probleme. Besonders der Rücken zwickte. Schmerzen, die sie auch im Winter nicht mehr los wurde und die Weltmeisterin über die 500 Meter in Inzell über das Karriereende nachdenken ließen.
»Die Entscheidung weiterzumachen ist schon gefallen«, beruhigt sie ihre Fans nun. »Sonst würde ich mir ein halbes Jahr Sommertraining nie antun.« Eine echte Entscheidung war es aber nie. Die Vize-Olympiasiegerin stieg im April einfach wieder ins Training ein und wartete auf die Schmerzen. Doch die kamen bis heute nicht zurück.
Selbst Trainer Thomas Schubert hätte sie im Fall der Fälle nicht umstimmen können, weiß er. »Sie ist mit 32 Jahren eine reife, sehr intellektuelle Persönlichkeit. Überreden kann man jemanden in diesem Alter sowieso nicht mehr«, sagt Schubert.
So bleibt die Hoffnung der deutschen Eisschnelllauf-Gemeinde, dass Jenny Wolfs Gesundheit weiter so hält wie in diesem Sommer. Dann klappt es vielleicht noch mit Sotschi 2014. Nur, wenn sie um den Sieg mitkämpfen könne, sagt Wolf fast abwehrend. Doch um die Form macht sich Thomas Schubert keine Sorgen: »Sie ist die professionellste von allen, deshalb ist sie die Erfolgreichste. Diesen Ehrgeiz, der über Jahre nie kleiner wird, findet man nur bei ein paar ganz Großen.« Und als Lohn winkt immer mal wieder ein kleiner Pokal.
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