Gestern und heute

Initiative kritisiert Stadt Hoyerswerda wegen Gedenken an das rassistische Pogrom 1991

  • Jörg Meyer
  • Lesedauer: 2 Min.
Die sächsische Stadt Hoyerswerda gedenkt dieser Tage dem ersten rassistischen Pogrom in Deutschland nach 1945 – bloß dass es dort nicht so genannt wird.

Hoyerswerda. Der Name steht für das erste rassistische Pogrom in Deutschland nach 1945. Vor 20 Jahren attackierten Neonazis unter dem Beifall von Anwohnern vom 17. bis 23. September 1991 zuerst ein Vertragsarbeiterwohnheim und dann eine Flüchtlingsunterkunft. Nachdem die Bewohner unter Polizeischutz und dem Gejohle der Bevölkerung mit Bussen aus der Stadt gebracht wurden, prahlten die Nazis damit, Hoyerswerda »ausländerfrei« gemacht zu haben. Das Wort wurde 1991 zum ersten »Unwort des Jahres« gewählt. Das Pogrom von Hoyerswerda war ein Einschnitt und der Auftakt einer nach 1945 beispiellosen Welle rassistischer Gewalt deren vorläufiger Höhepunkt Rostock-Lichtenhagen 1992 war. Beinah täglich waren Berichte von Übergriffen zu lesen. Flüchtlinge und Migranten wurden geschlagen, getreten, verbrannt, getötet. Ein Resultat war die Beschneidung des Grundrechts auf Asyl im Jahr 1993.

Während das offizielle Hoyerswerda der Ausschreitungen gedenkt, organisiert die Initiative »Pogrom 91« für den morgigen Samstag, 14 Uhr, einen antifaschistischen Stadtspaziergang, an dessen Ende die symbolische Errichtung eines Denkmals für die Opfer des Pogroms stehen soll. Die Initiative kritisiert die bisherige Erinnerungspolitik der Stadt scharf. Dass auf einer Gedenkstele, die anlässlich des 15. Jahrestages errichtet wurde, bloß »extremistische Ausschreitungen« steht, ist für die Aktiven von »Pogrom 91« ein Indiz für »eine konstante Weiterführung von Versuchen der Schuldabwehr und Relativierung, ... um den entstandenen Rufschaden wieder wettzumachen«. Zwar habe sich der Bürgermeister im vorigen Jahr offiziell bei den Opfern des Pogroms entschuldigt, ein direktes Gespräch sei jedoch nicht gesucht worden.

Als am vorigen Wochenende zwei der damals aus Hoyerswerda Vertriebenen den Ort besuchten, sahen sie sich wieder rassistischer Beleidigung und Bedrohung ausgesetzt – die Bilder des sie begleitenden Kamerateams beweisen das. Die »Sächsische Zeitung« bereitete die Hoyerswerdaer in einem Kommentar kurz darauf schon einmal darauf vor, dass Journalisten kommen würden, um nach dem Herbst 1991 zu fragen: »Selbst, wenn es mal schwer fallen sollte: Seid nett zu ihnen! Es fällt sonst todsicher auf die Stadt zurück. Man kennt das ja …«

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