Geschäfte in der Grauzone
UNO-Experten fordern eine stärkere Regulierung privater Sicherheitsfirmen
Die 70 Südafrikaner in der Boeing 727 waren in einer schmutzigen Mission unterwegs: Mit einem Waffenarsenal im Wert von mehr als 100 000 Euro und 180 000 US-Dollar in bar sollte der Söldnertrupp die Regierung im winzigen Ölstaat Äquatorial-Guinea wegputschen. Der Plan hätte gelingen können, wenn die Männer nicht bei einem Tankstopp in Simbabwe entdeckt und festgenommen worden wären. Mark Thatcher, der Sohn der einstigen britischen Regierungschefin Margaret, gab später zu, den Söldnereinsatz 2004 finanziert zu haben.
Auch heute, sieben Jahre später, sind Söldner auf dem afrikanischen Kontinent aktiv, warnt die Vorsitzende der UN-Arbeitsgruppe zum Einsatz von Söldnern, Faiza Patel. Gemeinsam mit ihren Kollegen reiste sie im vergangenen Jahr nach Südafrika und Äquatorial-Guinea, um die Hintergründe von Opfern wie Tätern zu untersuchen. Bei den »käuflichen Kanonen« gebe es nun einen neuen Trend, so Patel: Söldner – auch aus anderen afrikanischen Staaten – würden immer häufiger nicht gegen, sondern von Regierungen angeheuert. »Mit Sorge haben wir Berichte zur Kenntnis genommen, nach denen Regierungen in Libyen und Côte d'Ivoire Söldner gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt haben.« In den kommenden Monaten will Patel beide Länder besuchen, um die Vorwürfe zu untersuchen.
Ein noch größeres Problem sieht Patel im stark wachsenden Markt privater Sicherheitsfirmen – einer weitgehend unregulierten Grauzone. Industrie, Regierungen und auch die Vereinten Nationen selber betrauen Sicherheitsagenturen mit Bewachungsaufgaben vor allem in Kriegs- und Krisengebieten. »Der Unterschied zwischen Söldnern und privaten Sicherheitskräften ist der, dass die Sicherheitskräfte nicht gezielt für einen Kampfeinsatz entsandt werden – aber es kann gut sein, dass sie in Kampfhandlungen verwickelt werden«, so Patel am Mittwoch in Genf. Dies sei kritisch, denn grundlegendes Völkerrecht und die Einhaltung von Menschenrechten fänden in der Ausbildung kaum statt.
Weder für die Ausbildung noch für Anwerbung und Ausrüstung privater Sicherheitskräfte gibt es bislang rechtlich verbindliche Regelungen. Ein freiwilliger Verhaltenskodex der Industrie ist alles. Um Rechtssicherheit zu schaffen, fordert Patel eine globale Konvention. »Darin müssten Ausbildungsstandards, ein globales Register und Rechtszugänge für mögliche Opfer sichergestellt sein. Es kann nicht sein, dass Opfer privater Sicherheitskräfte nirgends klagen können.« Als Vorbild verweist Patel ausgerechnet auf Irak. Dort gebe es ein nationales Register, und die Regierung habe strikte Regeln für die Anstellung von Sicherheitskräften eingeführt, die rigide kontrolliert würden. Das gleiche gelte für das US-Verteidigungsministerium, das durch die Affären um den privaten Kontraktor Blackwater aufgerüttelt worden sei. »Seitdem hat sich die Zahl von Missbrauchsfällen deutlich reduziert, wir waren überrascht von der Effizienz der Maßnahmen«, so Patel. Allerdings gibt es immer noch rechtliche Unklarheiten. Und Opfer des Blackwater-Skandals klagen fünf Jahre nach Eröffnung von Verfahren darüber, dass ihre Fälle verschleppt werden. Gäbe es die von Patel geforderte Konvention, könnten die Opfer ihr Recht einklagen. Doch neben anderen Staaten weigern sich auch die USA und Deutschland bislang, über die freiwillige Vereinbarung der Industrie hinauszugehen. Seite 4
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